Unternehmen sehen sich zunehmend der Herausforderung gegenüber, ihre SAP-Systeme effizient an ihre Bedürfnisse anzupassen. Obwohl traditionelle Anpassungsansätze bekannt und weit verbreitet sind, stehen sie im Kontrast zur SAP Clean Core Strategie und sind teilweise in modernen Lösungen wie SAP S/4HANA Cloud oder anderen cloudbasierten SAP-Produkten wie SAP SuccessFactors nicht mehr anwendbar. Um der Herausforderung der SAP-Anwendungserweiterung in einer modernen, hybriden SAP-Landschaft zu begegnen, bietet die SAP Application Extension Methodology eine strukturierte Lösung. Diese Methodik fördert die Einhaltung der SAP Clean Core Strategie und ermöglicht es Unternehmen, ihre SAP-Anwendungen gezielt zu erweitern, ohne dabei die Qualität oder Stabilität des Kernsystems zu gefährden.
Dieser Blogbeitrag richtet sich an Unternehmensarchitekten, Entwickler und IT-Manager, die ein besseres Verständnis für diese Methodik gewinnen möchten. Ziel ist es, Ihnen einen Überblick über die drei Phasen der SAP Application Extension Methodology zu geben und damit eine wertvolle Grundlage für die Implementierung in der Praxis zu schaffen.
SAP Application Extension Methodology
Die Methodik der SAP Applikation Extension Methodology zielt darauf ab, Unternehmen bei der Bewertung ihrer Erweiterungsanwendungsfälle zu unterstützen und eine strukturierte und formalisierte Ziellösung für Erweiterungen zu definieren. Sie ist so konzipiert, dass sie einen strukturierten, technologieunabhängigen Ansatz für Kunden und Partner bietet, um eine organisationsspezifische Erweiterungsstrategie zu entwickeln.
Die SAP Application Extension Methodology folgt einem dreiphasigen Zyklus:
Innerhalb jeder Phase werden drei Schritte durchlaufen. Jeder Schritt verfolgt die Erstellung eines Ergebnisobjektes zur Dokumentation der Erkenntnisse des Schrittes. SAP bietet für die Ergebnisobjekte eine Reihe von ausfüllbaren Templates an. Diese können sie über diesen Link auf der SAP Website herunterladen.
Phase 1: Bewertung des Anwendungsfalls der Erweiterung
Diese erste Phase ist schafft eine solide Grundlage für Ihr SAP-Erweiterungsprojekt. Sie konzentriert sich auf ein genaue Vorstellung des geschäftlichen Kontextes und der Anforderungen innerhalb des definierten Bereichs. Das Ziel ist es, ein gemeinsames Verständnis der geschäftlichen Herausforderung zu erreichen und diese Erkenntnisse in einer detaillierten Beschreibung des Anwendungsfalls der Erweiterung zu dokumentieren. In dieser Phase werden drei wichtige Ergebnisse erzielt:
- Systemkontext
- Geschäftskontext und Anforderungen
- Beschreibung des Erweiterungsanwendungsfalls
Schritt 1: Systemkontext
Bevor Sie sich mit den geschäftlichen Anforderungen befassen, ist es wichtig, Ihre bestehende IT-Landschaft zu erfassen. Dieser Schritt beinhaltet eine umfassende Bewertung aller relevanten Systeme und Komponenten, die mit Ihrem Erweiterungsprojekt in Berührung kommen. Ziel ist es, sowohl den aktuellen („Ist-Zustand“) als auch den zukünftigen („Soll-Zustand“, falls bekannt) Systemzustand klar zu dokumentieren. Dies beinhaltet:
- Systeme: Führen Sie alle relevanten Systeme (SAP und Nicht-SAP) auf, einschließlich der Versionen und deren Bereitstellungsumgebungen (vor Ort, in der Cloud)
- Systemverantwortung: Bestimmen Sie für jedes System den Eigentümer. Diese Person fungiert als Ansprechpartner für Fragen und Unklarheiten während des Projekts.
- Lebenszyklus des Systems: Notieren Sie alle geplanten Aktualisierungen, Go-Live-Daten oder andere Informationen über den Lebenszyklus des Systems, die sich auf das Erweiterungsprojekt auswirken könnten.
Schritt 2: Geschäftskontext und Anforderungen
An dieser Stelle formulieren Sie die geschäftlichen Anforderungen, die für die Erweiterung ausschlaggebend sind. Ein klares Verständnis dieser Anforderungen ist der Schlüssel zum Erfolg. Dafür sollten Sie die folgenden Punkte berücksichtigen:
- Anwendungsfall: Weisen Sie dem Anwendungsfall der Erweiterung einen beschreibenden Namen und eine ID zu.
- Geschäftsbedarf: Geben Sie eine knappe, aber umfassende Beschreibung der geschäftlichen Herausforderung, die mit der Erweiterung gelöst werden soll. Geben Sie auch den Umfang und die Auswirkungen an.
- Rollen und Verantwortlichkeiten: Identifizieren Sie alle beteiligten Akteure und ihre jeweiligen Rollen und Verantwortlichkeiten im Kontext der Erweiterung.
- Akzeptanzkriterien: Definieren Sie klar die Kriterien, die die erfolgreiche Implementierung und Validierung der Erweiterung bestimmen. Diese Kriterien sollten messbar und objektiv überprüfbar sein.
Schritt 3: Beschreibung des Erweiterungsanwendungsfalls
In diesem entscheidenden Schritt werden die geschäftlichen Anforderungen in konkrete, umsetzbare technische Anforderungen übersetzt. Entsprechend des von SAP vorgeschlagenen Templates werden die technischen Anforderungen in einem Storyboard festgehalten.

Das Storyboard erfasst die folgenden Informationen:
- Benutzerinteraktionen: Beschreiben Sie die Benutzeraktionen und die beteiligten UI-Elemente.
- Anwendungslogik: Beschreiben Sie die vorhandenen Prozesse, die erweitert werden müssen, die Interaktion mit der vorhandenen Anwendungslogik und die spezifische Logik der Erweiterung.
- Systemintegration: Identifizieren Sie die beteiligten und führenden Systeme.
- Datenanforderungen: Spezifizieren Sie die Datenquellen, die Datenpersistenz und alle notwendigen Datentransformationen.
Das Storyboard bildet die Grundlage für die folgenden Phasen und wir hier um weitere Bausteine erweitert.
Phase 2: Evaluierung der Erweiterungstechnologie
Innerhalb der zweiten Phase verlagern wir den Schwerpunkt auf die technischen Aspekte Ihrer SAP-Erweiterung. Zunächst werden hierfür Schlüsselkonzepte vorgestellt, um ein Verständnis der möglichen Lösungsansätze zu schaffen. Die Hauptziele sind die Definition von Erweiterungsstilen und -aufgaben und deren Verknüpfung mit der detaillierten Anwendungsfallbeschreibung aus Phase 1. Die Hauptergebnisse dieser Phase sind:
- Eine Liste von Erweiterungsaufgaben in Bezug auf die in Phase 1 definierten Anforderungen.
- Eine vorläufige Liste potenzieller technischer Erweiterungsbausteine, kategorisiert nach Erweiterungsbereichen.
Schritt 1: Erweiterungsstile
Basierend auf dem Drei-Schichten-Architekturmodell wird zwischen folgenden Erweiterungsstilen unterschieden:
- Präsentationsschicht: Erstellung neuer Benutzeroberflächen, Erweiterung bestehender Benutzeroberflächen, Formulare und E-Mails
- Anwendungsschicht: Erweiterung der Geschäftslogik
- Datenschicht: Erweiterung des Datenmodells
Schritt 2: Erweiterungsaufgaben
Jedem Erweiterungsstil sind mehrere technologieunabhängige Erweiterungsaufgaben zugeordnet:
Entsprechend der Benutzerinteraktionen, Anwendungslogik, und Datenanforderungen ihres Storyboards aus Phase 1 ordnen Sie nun die dafür notwendigen Erweiterungsaufgaben zu.
Schritt 3: Erweiterungsbausteine
Erweiterungsbausteine sind die tatsächlichen SAP-Technologien, die zur Umsetzung der Erweiterungsaufgaben eingesetzt werden können. Eine Liste aller potenzieller Technologien pro Erweiterungsaufgabe können Sie über diesen Link auf der SAP Website herunterladen.
Machen Sie sich mit den potentiellen Erweiterungsbausteinen vertraut und listen Sie die möglichen Technologien pro Erweiterungsaufgabe auf.
Phase 3: Definieren der Ziellösung für die Erweiterung
In Phase 3 konzentrieren wir uns auf den Entwurf der eigentlichen technischen Lösung auf der Grundlage der Bewertungen in den vorangegangenen Phasen. Es geht darum, die ausgewählten Technologien in eine konkrete, dokumentierte Lösung zu verwandeln. Das Hauptergebnis ist eine umfassende Lösungsdokumentation, die als Leitfaden für die Entwicklung und den Einsatz dienen wird.
Schritt 1: Technologieauswahl
In diesem Schritt geht es darum, konkrete Entscheidungen darüber zu treffen, welche spezifischen SAP-Technologien für die Umsetzung der in Phase 2 identifizierten Erweiterungsaufgaben eingesetzt werden sollen. Die Auswahl sollte auf einer gründlichen Bewertung folgender Punkte beruhen:
- Technische Durchführbarkeit: Beurteilung, ob die gewählten Technologien die festgelegten Aufgaben wirksam erfüllen können.
- Beschränkungen: Berücksichtigen Sie alle Einschränkungen, die durch die gewählten Technologien auferlegt werden (z. B. Lizenzierung).
- Kosten und Wartbarkeit: Wägen Sie die Kosten für die Implementierung, die laufende Wartung und mögliche zukünftige Upgrades ab.
- Geschäftliche Anforderungen: Stellen Sie sicher, dass die ausgewählte Technologie mit den in Phase 1 definierten Geschäftsanforderungen und -zielen übereinstimmt.
- SAP Clean Core Strategie: Priorisieren Sie Technologien, die den von SAP empfohlenen Ansatz für nachhaltige Erweiterungen einhalten.
- Interne Ressourcen und Fertigkeiten: Berücksichtigen Sie das Fachwissen und die Fähigkeiten Ihres Teams. Die Auswahl einer Technologie, die mit den vorhandenen Fähigkeiten übereinstimmt, ist effizienter.
Dokumentieren Sie die Technologieauswahl. Aktualisieren Sie das Storyboard aus Phase 1 und 2, um die ausgewählten Technologien einzubeziehen.
Schritt 2: Definition der Zielarchitektur
In diesem Schritt geht es darum, die Gesamtarchitektur Ihrer Erweiterungslösung zu skizzieren. Dazu gehört die Visualisierung, wie die verschiedenen Komponenten miteinander und mit bestehenden Systemen interagieren. Verwenden Sie Architekturdiagramme, um die Zielarchitektur visuell darzustellen. SAP empfiehlt die Verwendung der SAP BTP Solution Diagram Guideline für Konsistenz und Klarheit.
Schritt 3: Dokumentation der Lösung
Der letzte Schritt besteht darin, die gewählte Lösung gründlich zu dokumentieren. Diese Dokumentation kann als wichtiges Nachschlagewerk für das Entwicklungsteam und ist für künftige Wartungsarbeiten dienen.
Stellen Sie Ihr Unternehmen in den Vordergrund
Sie haben Fragen oder Beratungsbedarf? Selbstverständlich stehen wir Ihnen auch jederzeit gerne persönlich zur Verfügung. Unsere Angebote zu Beratung und Schulungen zum Thema SAP Entwicklung finden Sie auf unserer Website.
Nützliche weiterführende Informationen und eine detaillierte Schritt für Schritt Anleitung zur Durchführung von SAP Clean Core konformen Erweiterungen finden Sie in unserem Whitepaper Einstieg in die SAP Application Extension Methodology, welches Sie unter diesem Beitrag kostenlos herunterladen können.
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Einstieg in die SAP Application Extension Methodology

Dieses Whitepaper ist ein praktischer Leitfaden zur Nutzung der SAP Application Extension Methodology, mit dem Sie sich sicher durch die Komplexität von SAP-Erweiterungen bewegen können. Es entmystifiziert den Prozess und bietet einen klaren Ansatz in 3 Phasen:
- Phase 1: Bewertung des Erweiterungsanwendungsfalls
- Phase 2: Bewertung der Erweiterungstechnologie
- Phase 3: Definition der Ziel-Erweiterungslösung
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