Die Migration von SAP Process Integration / Orchestration (PI/PO) zur SAP Cloud Integration (CI) ist ein zentraler Schritt, um von der Agilität und Skalierbarkeit der Cloud zu profitieren. Das SAP Cloud Integration Migration Tooling unterstützt Sie dabei, diesen Prozess effizient und strukturiert umzusetzen. In diesem Artikel beleuchten wir die Migration im Detail, inklusive des Migration Assessments, und geben Praxisbeispiele, Vor- und Nachteile sowie eine klare Projektmethodik an die Hand.
Was ist das SAP Cloud Integration Migration Tooling?
Das Migration Tooling ist ein von SAP bereitgestelltes Framework, das den automatisierten Transfer von Integrationsartefakten (z. B. Mappings, Adapter, Prozesse) von SAP PI/PO zur SAP Cloud Integration ermöglicht. Es reduziert manuelle Aufwände und minimiert Fehler. Zentraler Bestandteil ist das Migration Assessment, welches bestehende PI/PO-Landschaften analysiert und eine Migrationsroadmap erstellt. Unterstützt werden sowohl Single als auch Dual Stack Systeme ab Version 7.31 SP 28.
Migration Assessment: Der Schlüssel zur Planung
Das Migration Assessment durchleuchtet PI/PO-Systeme und identifiziert:
- Unterstützte vs. nicht unterstützte Funktionalitäten
- Abhängigkeiten zwischen Integrationsprozessen
- Technische Schulden (z. B. veraltete Adapter)
Beispiel: Ein Einzelhandelsunternehmen nutzt PI/PO für Bestellprozesse. Das Assessment zeigt, dass 80 % der IDoc- und SOAP-Adapter automatisch migriert werden können, während benutzerdefinierte Java-Mappings manuell angepasst werden müssen.
Ergebnis: Ein detaillierter Report mit:
- Migrationsempfehlungen
- Liste der manuellen Tasks
- Schätzung des Migrationsaufwands
Einen beispielhaften Report, generiert von dem Migration Assessment Tool in einem Demo System, können Sie am Ende des Artikels herunterladen.
Automatisch migrierbare Funktionalitäten
Das Migration Tooling entlastet Teams durch die automatische Konvertierung vieler PI/PO-Artefakte. Darunter:
- Adapter: IDoc, SOAP, REST, SFTP, JDBC, Mail
- Mappings: Grafische Mappings, Operation Mappings, einfache XSLT 1.0/2.0, Operationen mit Standard-Connectors
- Integration Flows: Point-to-Point-Szenarien und Szenarien mit einfacher Routing-Logik
- Variablen und Konfigurationswerte
Nachzuarbeitende Bereiche
Leider lassen sich viele Integrationsszenarien nicht automatisiert migrieren. Custom Code, komplexe B2B-Integrationen oder individuelle Sicherheitsanforderungen erfordern oft manuelles Eingreifen. Nicht migrieren lassen sich unter anderem:
- Komplexe Mappings: Java-Mappings, XSLT 2.0 mit externen Bibliotheken
- ABAP-Mappings: Müssen in Groovy oder JavaScript übersetzt werden
- Custom Adapter: Eigenentwickelte Adapter (z. B. für Legacy-Systeme)
- B2B-Integration: Partnervereinbarungen, EDIFACT- oder AS2-Profile
- Sicherheit: Zertifikate, Benutzerrollen müssen in der BTP neu konfiguriert werden
- CCBPM (BPM-Prozesse in PI/PO): Umsetzung mit SAP Workflow Service oder alternativen Workflows
- User-Defined Functions (UDFs): Manuelle Anpassung oder Umstellung auf Cloud Integration Standards
Praxisbeispiele für die automatisierte Migration
Fall 1: Automatisierte Migration im Einzelhandel
Ein Händler migrierte 120 IDoc-Interfaces für Bestellungen in 10 Wochen. Das Tooling übernahm 90 % der Arbeit; manuell wurden nur Sicherheitseinstellungen angepasst.
Fall 2: Herausforderung bei Custom Code
Ein Automobilzulieferer benötigte 6 Wochen zusätzlich, um 15 Java-Mappings für ERP-Anbindungen neu zu entwickeln.
Vorteile des Migration Toolings
Die Entscheidung für das SAP Cloud Integration Migration Tooling bringt eine Reihe von Vorzügen mit sich, die Unternehmen den Weg in die Cloud deutlich vereinfachen. Ein Überblick über die zentralen Pluspunkte des Tools:
- Zeitersparnis: Automatisierte Konvertierung von Mappings (z. B. grafische/XSLT-Mappings)
- Kostensenkung: Reduzierung manueller Entwicklungsarbeit um bis zu 60 %
- Zukunftssicherheit: Nutzung moderner Cloud-Features wie API-Management und KI-gestützte Monitoring-Tools
- Risikominimierung: Konsistente Prüfung der Artefakte vor der Migration
Nachteile und Herausforderungen
Trotz der Automatisierungsstärke des Migration Toolings ist der Weg zur Cloud kein Selbstläufer. Unternehmen müssen sich auf technische Grenzen, unvorhergesehene Komplexitäten und manuelle Aufwände einstellen. Die folgenden Herausforderungen beobachten wir in vielen unserer Projekte:
- Eingeschränkte Abdeckung: Nicht alle PI/PO-Funktionen werden unterstützt (z. B. komplexe B2B-Szenarien).
- Manuelle Nacharbeit: Custom Code (Java, XSLT 2.0) muss oft angepasst werden.
- Qualität der Quelle: Schlecht dokumentierte oder veraltete PI/PO-Objekte erschweren die Migration.
- Testaufwand: Auch automatisierte Migrationsergebnisse müssen intensiv validiert werden.
- Unterschiede in den Entwicklungsparadigmen: Cloud Integration arbeitet eventgesteuert, während PI/PO prozessgesteuert ist.
- Security & Compliance: Neue Cloud-basierte Sicherheitsrichtlinien müssen berücksichtigt werden.
Wie lange dauert die Migration in der Praxis?
Der Aufwand hängt von vielen Faktoren ab. Zur groben Orientierung können die folgenden Faustregeln herangezogen werden:
- Anzahl der Interfaces: 100 Interfaces benötigen ca. 8–12 Wochen (inkl. Test).
- Komplexität: Mappings mit Java-Erweiterungen verdoppeln ggf. den Aufwand.
- Custom Adapter: Jeder nicht standardisierte Adapter erfordert 2–5 Tage Arbeit.
Beispiel: Ein Unternehmen mit 50 Interfaces, 5 Custom Adaptern und 10 Java-Mappings sollte 10–14 Wochen einplanen.
Beispielhaftes Projektvorgehen
Eine erfolgreiche Migration erfordert mehr als nur Technologie – sie braucht eine klare Methodik. Von der ersten Analyse bis zum Go-Live strukturieren wir den Prozess in nachvollziehbare Phasen und verraten, welche Meilensteine, Rollen und Testzyklen für einen reibungslosen Ablauf entscheidend sind. Trotzdem gilt: Jeder Kunde und jedes Projekt ist anders. Gerne unterstützen wir Sie individuell bei Ihrer Migrationsplanung.
Phase 1: Vorbereitung & Assessment (2–4 Wochen)
Ziel: Analyse der Ausgangslage und Erstellung einer Migrationsroadmap
Aktivitäten:
- Stakeholder-Identifikation:
- Bildung eines Projektteams (Projektleiter, Integration Architects, Entwickler, Tester)
- Einbindung von Fachabteilungen und Systempartnern
- Migration Assessment:
- Ausführung des SAP Migration Assessment Tools zur Analyse der PI/PO-Landschaft
- Identifikation unterstützter/nicht unterstützter Artefakte (Adapter, Mappings, Prozesse)
- Priorisierung:
- Klassifizierung der Interfaces nach Business-Kritikalität (z. B. „High Priority“ für Echtzeit-Transaktionen)
- Risikoanalyse (z. B. veraltete Java-Mappings, komplexe B2B-Szenarien)
- Deliverables:
- Migrationsreport mit Empfehlungen
- Grobplanung mit Aufwandsschätzung
Phase 2: Planung & Design (3–6 Wochen)
Ziel: Definition des Migrationsplans und Vorbereitung der technischen Umgebung
Aktivitäten:
- Ressourcenplanung:
- Zuordnung von Entwicklern für automatisierte und manuelle Tasks
- Schulung des Teams in der SAP Cloud Integration
- Technisches Design:
- Erstellung eines Mappings zwischen PI/PO- und Cloud Integration-Komponenten (z. B. Adapter-Äquivalente)
- Designanpassungen für manuelle Tasks (z. B. Umstellung von Java- auf Groovy-Skripte)
- Kommunikationsplan:
- Festlegung von Reporting-Rhythmen und Eskalationswegen
- Abstimmung mit Partnern (z. B. Testfenster für End-to-End-Validierung)
- Deliverables:
- Detaillierter Projektplan mit Meilensteinen
- Technisches Design-Dokument
Phase 3: Migration & Entwicklung (6–12 Wochen)
Ziel: Durchführung der automatisierten und manuellen Migration.
Aktivitäten:
- Automatisierte Konvertierung:
- Nutzung des SAP Migration Toolings zur Übertragung unterstützter Artefakte (z. B. IDoc-Adapter, grafische Mappings)
- Versionierung der migrierten Integrationsflüsse in Git-Repositories
- Manuelle Anpassungen:
- Neuentwicklung nicht unterstützter Komponenten (z. B. Custom-Adapter, XSLT 2.0)
- Anpassung von Sicherheitseinstellungen (z. B. Zertifikate, OAuth-Konfigurationen)
- Dokumentation:
- Aktualisierung der Interface-Dokumentation inkl. Cloud-spezifischer Parameter
- Erstellung eines Rollback-Plans für kritische Fehler
- Deliverables:
- Migrierte Artefakte in der Cloud-Umgebung
- Technische Dokumentation und Testfälle
Phase 4: Testing & Validierung (4–8 Wochen)
Ziel: Sicherstellung der Funktionalität und Performance
Aktivitäten:
- Teststrategie:
- Definition von Testlevels:
- Unit-Tests: Prüfung einzelner Integrationsflüsse
- Integrationstests: End-to-End-Szenarien mit verbundenen Systemen (z. B. SAP S/4HANA, Drittanbietersysteme)
- Performance-Tests: Lasttests für hochfrequente Interfaces
- Definition von Testlevels:
- Testdurchführung:
- Automatisierte Tests mit Tools wie Postman oder SOAPUI
- Manuelle Validierung durch Fachbereiche (z. B. Bestätigung korrekter Bestell-IDocs)
- Fehlerbehebung:
- Priorisierung von Bugs (z. B. „Critical“ für Datenverluste)
- Retests nach Korrekturen
- Deliverables:
- Testberichte mit Fehlerstatistiken
- Freigabedokument für Go-Live
Phase 5: Go-Live & Post-Migration (2–4 Wochen)
Ziel: Live-Schaltung und nachhaltiger Betrieb
Aktivitäten:
- Cut-Over-Plan:
- Zeitgesteuerte Aktivierung der Cloud-Interfaces (z. B. während Wartungsfenstern)
- Parallelbetrieb von PI/PO und Cloud Integration für Fallback-Szenarien
- Monitoring & Support:
- Einrichtung von Alerting-Regeln in SAP Cloud ALM
- Übergabe an den Betrieb (z. B. Schulung des Support-Teams)
- Lessons Learned:
- Retrospektive zur Identifikation von Optimierungspotenzialen
- Aktualisierung der Migrations-Checklists für zukünftige Projekte
- Deliverables:
- Go-Live-Report mit Performance-KPIs
- Finale Projektabschlussdokumentation
Rollen & Verantwortlichkeiten
Rolle | Aufgaben |
---|---|
Projektleiter | Steuerung des Gesamtprojekts, Budgetkontrolle, Eskalationsmanagement |
Integration Architect | Technische Leitlinien, Design-Reviews, Risikobewertung |
Entwickler | Migration von Artefakten, Anpassung von Custom Code |
Tester | Erstellung von Testcases, Durchführung von Validierungen |
Fachbereich | Freigabe von Schnittstellen, fachliche Validierung |
Best Practices für den Erfolg
- Pilotmigration: Start mit 5–10 nicht-kritischen Interfaces, um Prozesse zu validieren
- Agile Sprints: Unterteilung der Migration in 2–3 Wochen-Sprints mit klaren Deliverables
- Tool-Unterstützung: Nutzung von CI/CD-Pipelines für automatisierte Deployments
- Kommunikation: Regelmäßige Stakeholder-Updates (z. B. wöchentliche Statusmeetings)
Typische Risiken & Lösungen
Risiko | Lösungsansatz |
---|---|
Unentdeckte Abhängigkeiten | Dependency-Check im Assessment durchführen |
Verzögerungen bei manuellen Tasks | Pufferzeiten einplanen (z. B. +20 % Aufwand für Custom Code) |
Performance-Probleme in der Cloud | Frühzeitige Lasttests mit realistischen Datenmengen |
Mit diesem strukturierten Vorgehen lässt sich die Migration effizient und risikobewusst umsetzen. Der Schlüssel liegt in der Kombination aus automatisierter Tool-Unterstützung, klarer Rollendefinition und proaktivem Stakeholder-Management.
Fazit
Das SAP Cloud Integration Migration Tooling beschleunigt die Cloud Migration erheblich, ist aber kein Allheilmittel. Erfolg hängt von einer realistischen Einschätzung durch erfahrene Berater in Kombinantion mit dem Migration Assessment ab. Unternehmen sollten:
- Frühzeitig manuelle Tasks identifizieren.
- Ressourcen für Testing und Feinjustierung einplanen.
- Schulungen für Cloud-spezifische Features durchführen.
Mit der richtigen Vorbereitung wird die Migration zur Chance, die Integrationen zukunftssicher und skalierbar aufzustellen.
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