Nur KI-Projekte? Krankenhäuser brauchen eine KI-Strategie

Der Wunsch und die Notwendigkeit Künstliche Intelligenz (KI) zu nutzen, ist auch in den deutschen Krankenhäusern angekommen, denn die technologischen Möglichkeiten sind beeindruckend und der Handlungsdruck ist hoch. Aber der Weg von der Idee zur echten Anwendung ist oft geprägt von Unsicherheit, Fragmentierung und Aktionismus. Meist entstehen Pilotprojekte, die kurzfristig erprobt werden, aber dann doch nur selten langfristig etabliert bleiben. Denn oftmals fehlt eine übergeordnete KI-Strategie eines Krankenhauses, die Orientierung gibt, Prioritäten setzt und den nötigen organisatorischen Rahmen schafft.

Wenn Krankenhäuser KI-Projekte ohne klaren Zielrahmen in Form von Insellösungen oder ohne übergeordnete strategische Einbettung durchführen, laufen diese nach der Pilotphase meist wieder aus. In vielen Einrichtungen fehlt es an strategischen Kriterien zur Auswahl geeigneter Use Cases und an klaren Verantwortlichkeiten. KI wird dann eher spontan implementiert als systematisch eingeführt. Zwischen dem Wunsch, „etwas mit KI zu machen“, und einer langfristig wirksamen Umsetzung stehen genau jene Prozesse, Strukturen und Zuständigkeiten, die bislang oft unklar bleiben.

Das Potenzial von Pilotprojekten und ihre Grenzen

Pilotprojekte können ein wichtiger Schritt sein, um neue Technologien im Klinikalltag auszuprobieren, denn sie bieten die Möglichkeit, erste Erfahrungen zu sammeln, reale Abläufe zu testen und herauszufinden, wie gut eine Anwendung funktioniert. Gerade in einem komplexen Umfeld wie dem Krankenhaus helfen sie dabei, konkrete Fragen zu klären, Unsicherheiten zu reduzieren und Vertrauen aufzubauen. Oft zeigt sich erst im kleinen Maßstab, ob eine KI-Anwendung im Alltag sinnvoll einsetzbar ist.

Wenn ein Pilotprojekt ohne Verbindung zur strategischen Ausrichtung des Hauses gestartet wird, ohne Rückmeldung an die Leitung oder ohne klare Vorstellung, wie es weitergehen soll, bleibt der Effekt begrenzt. Vielversprechende Ansätze enden dann mit dem Projektzeitraum, statt in die Versorgungsroutine überzugehen. Damit ein Pilotprojekt aber mehr ist als nur ein technischer Test, braucht es den richtigen Rahmen.

Eine KI-Strategie schafft Orientierung und Verbindlichkeit

Eine KI-Strategie eines Krankenhauses beantwortet nicht nur technische, sondern vor allem organisatorische Fragen. Sie beginnt nicht mit der Auswahl eines Tools, sondern mit der Analyse von Versorgungs- und Verwaltungsprozessen. Wo entstehen Engpässe? Wo kann Automatisierung sinnvoll unterstützen? Und welche Entscheidungen lassen sich besser treffen, wenn Daten strukturiert genutzt werden? Erst wenn diese Fragen geklärt sind, stellt sich die nächste: Ob und wie KI einen Beitrag leisten kann.

Eine Strategie legt außerdem fest, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein KI-Projekt überhaupt funktionieren kann. Dazu gehören unter anderem eine verlässliche Datenbasis, eine funktionierende IT-Infrastruktur und ausreichend personelle Kompetenz. Vor allem aber braucht es Klarheit darüber, wer Verantwortung übernimmt, wie Vorhaben gesteuert werden und nach welchen Kriterien Ergebnisse bewertet werden. Gerade an diesen Punkten fehlt es noch in vielen Kliniken. Governance-Strukturen sind entweder nicht vorhanden oder nicht eindeutig geregelt. Schlussendlich bleibt der Einsatz von KI ohne klare Zuständigkeiten und Standards auf technischer, rechtlicher und ethischer Ebene unsicher.

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Auswahl geeigneter Anwendungsfelder oder Use Cases, die einen echten Mehrwert bringen. Eine durchdachte Strategie hilft dabei, diese zu identifizieren. Denn viele Pilotprojekte entstehen aus technischer Neugier oder weil gerade eine Lösung verfügbar ist und nicht, weil sie ein drängendes Problem adressieren. Ein strategischer Ansatz sorgt dafür, dass Projekte dort ansetzen, wo sie den größten Nutzen haben.

Die Gestaltung erfolgreicher KI-Pilotprojekte

Auch im Rahmen einer klaren KI-Strategie bleiben Pilotprojekte wichtig, denn sie ermöglichen es, die praktische Umsetzung unter realen Bedingungen zu erproben. Entscheidend ist allerdings, wie ein solches Projekt angelegt ist. Davon hängt ab, ob daraus eine tragfähige Lösung entsteht oder ob es bei einem einmaligen Versuch bleibt.

Ein gutes Pilotprojekt plant von Anfang an mit, wie die getestete Anwendung später bestenfalls in den normalen Betrieb übernommen wird. Dabei geht es neben technischen Aspekten auch um Zuständigkeiten, Schulung, Akzeptanz und kontinuierliche Betreuung. Genauso wichtig ist der Blick auf den tatsächlichen Nutzen einer KI-Anwendung, denn sie kann technisch einwandfrei funktionieren und trotzdem keinen Mehrwert bringen. Deshalb sollten Pilotprojekte immer mit konkreten Zielen wie Zeitgewinn, Prozesssicherheit oder Entlastung im Arbeitsalltag verbunden sein.

Damit eine neue Lösung wirksam ist, muss sie außerdem in den klinischen Kontext passen. Selbst gut funktionierende Systeme bleiben wirkungslos, wenn sie nicht gut in bestehende Abläufe implementiert sind. Wenn Schnittstellen fehlen oder Zuständigkeiten unklar bleiben, lassen sich gute Ansätze kaum weiterentwickeln. Deshalb sollten die geplanten Veränderungen immer auf die vorhandenen Prozesse abgestimmt sein.

Neue Technologien werfen Fragen auf und lösen nicht selten Unsicherheit aus, daher braucht jedes KI-Pilotprojekt eine passende Kommunikation. Wer offen erklärt, was das Ziel ist, welche Rolle die Beteiligten spielen und wie mit Rückmeldungen umgegangen wird, schafft Vertrauen. Schulungen, begleitende Gespräche und transparente Informationen helfen dabei, Akzeptanz aufzubauen und mögliche Widerstände abzubauen. So kann ein Pilotprojekt nicht nur technische Erkenntnisse liefern, sondern auch kulturell vorbereiten, was später Alltag werden soll.

Governance schafft Verlässlichkeit und Orientierung

Governance schafft Klarheit darüber, wer entscheidet, welche Projekte umgesetzt werden, wie sie bewertet und weiterentwickelt werden und wie Risiken verantwortungsvoll behandelt werden. In vielen Krankenhäusern fehlt genau diese Grundlage und Prozesse zur Auswahl von KI-Anwendungen sind häufig nicht definiert. Auch rechtliche und ethische Fragen bleiben oftmals unbeantwortet. Wer legt fest, welche Algorithmen verwendet werden dürfen? Wer trägt die Verantwortung, wenn Entscheidungen auf Basis fehlerhafter Ergebnisse getroffen werden?

Eine funktionierende Governance sorgt dafür, dass KI nicht nur technisch eingeführt wird, sondern auch organisatorisch funktioniert. Sie schafft nachvollziehbare Strukturen, verhindert unkoordinierte Einzelinitiativen und fördert einen verantwortungsvollen Umgang mit Innovation.  Standards, Qualitätskriterien und dokumentierte Erfahrungswerte bilden die Basis dafür, dass aus Pilotprojekten tragfähige Lösungen entstehen und KI-Anwendungen langfristig Teil einer sicheren und effektiven Versorgung werden können.

Veränderung braucht Führung und Beteiligung

Pilotprojekte sind für viele Mitarbeitende der erste direkte Kontakt mit KI im Krankenhaus und ob dieser Einstieg Neugier weckt oder auf Ablehnung stößt, hängt entscheidend davon ab, wie die Einführung gestaltet wird. Häufig scheitern Projekte nicht an der Technik, sondern daran, dass Akzeptanz des Personals fehlt. Denn Mitarbeitende fühlen sich nicht ausreichend informiert, nicht eingebunden oder erleben den Einsatz neuer Systeme als zusätzliche Belastung im ohnehin vollen Arbeitsalltag.

In einer durchdachten KI-Strategie eines Krankenhauses ist Change Management eine klare Aufgabe, die aktiv begleitet wird. Deshalb gehören Kommunikation, Beteiligung und Qualifizierung von Anfang an zum Projekt dazu. Wer frühzeitig mitgenommen wird, kann nicht nur besser verstehen, worum es geht, sondern auch eigene Erfahrungen einbringen. Diese Rückmeldungen aus dem Alltag sind wertvoll für die Akzeptanz und auch für die Beständigkeit der Anwendung.

KI-Strategie und KI-Pilotprojekte gehören zusammen

Die Frage, ob es im Krankenhaus eine KI-Strategie oder KI-Pilotprojekte braucht, lässt sich leicht beantworten, denn beides ist nötig. Und das in der richtigen Reihenfolge und mit klarer Aufgabenverteilung. Die Strategie gibt die Richtung vor, benennt Ziele und schafft den organisatorischen Rahmen. Sie sorgt dafür, dass Qualität gesichert, Prozesse abgestimmt und Strukturen vorbereitet sind. Pilotprojekte liefern die notwendigen Erfahrungen, erproben die Umsetzung und fördern die Akzeptanz im Alltag. Durch beides zusammen entsteht ein tragfähiger Weg für den Einsatz von KI in der Gesundheitsversorgung.

Krankenhäuser, die ohne richtigen Plan einfach loslegen, binden oft viele Ressourcen, ohne dass daraus ein echter Fortschritt entsteht. Wer dagegen überlegt, plant und gezielt erprobt, unterstützt eine digitale, verlässlichere, effizientere und für alle Beteiligten nachvollziehbare Gesundheitsversorgung.

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Dr. Larissa Hütter

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