Das Thema Agilität sowie Agile Transformation ist aktuell sehr gefragt. Doch genau wegen dieser Popularität gibt es aktuell auch einige Mythen rund um das Thema. Agilität bedeutet in erster Linie Veränderung, Innovation und Weiterentwicklung für Unternehmen. Viele Unternehmen gehen den Weg der agilen Transformation, um in einer schnelllebigen Welt weiterhin wettbewerbsfähig und flexibel zu bleiben.
In diesem Beitrag (Teil 2 von 2) werden nur einige der gängigen Vorurteile gegenüber Agilität angeschaut und versucht, diese klarzustellen, um für ein gemeinsames Verständnis zu sorgen. Der erste Teil des Betrages ist unter diesem Link zu finden.
7. Mythos: Jedes Scrum Team hält sich an seine eigene Definition of Done
An dieser Stelle muss zuerst kurz erläutert werden, was die “Definition of Done” (DoD) eigentlich ist. Die Definition of Done ist die Beschreibung des Qualitätsstandards für das Produkt. Es handelt sich um den Standard, der eingehalten werden muss, wenn das Produkt entwickelt oder angepasst wird. Dabei ist es unabhängig, wer man ist und aus welchem Team man kommt. Jedem Team steht es dabei frei, diesem Qualitätsstandard noch weitere Aspekte hinzuzufügen, aber die grundsätzlichen Qualitätsmerkmale dürfen damit nicht außer Kraft gesetzt werden. Mit Hilfe von DoD wird das Produkt transparent gemacht und ist deshalb ein fester Bestandteil des Produktes.
8. Mythos: Team Daily findet vor dem teamübergreifenden Daily statt
Zuerst gilt es hier, den Zweck des Sprints näher anzuschauen. Bei den agilen Methoden geht es darum, den Mehrwert für die Kunden und Stakeholder zu liefern. Um das schaffen zu können, setzen sich die Teams genaue Ziele für ihre Sprints. Diese Ziele können jedoch nur erreicht werden, wenn die Entwickler sich jeden Tag in einem Daily treffen und überlegen, was als Nächstes kommt und was gemacht werden muss. Auch wenn mehrere Teams an einem Produkt gemeinsam arbeiten, dann ändert sich auf der Team-Ebene erstmal nichts. Sobald aber mehrere Teams dabei sind, dann haben die übergeordneten Ziele aller Teams den Vorrang.
9. Mythos: Agilität ist einfach nur skaliertes Scrum
Zuerst eine kurze Anmerkung – Agilität ist nicht dasselbe wie Scrum. Bei Scrum handelt es sich nur um eine der dynamischen agilen Methoden. Diese führt dazu, dass die Zusammenarbeit im Team und die flexible Neubewertung von Anforderungen ermöglicht wird. Scrum zu skalieren heißt, dass mehrere Scrum Teams gemeinsam an einem Produkt arbeiten. Mehrere Teams bedeutet wiederum weitere Menschen, die versuchen, Aufgaben zu erledigen und Probleme zu lösen, was dazu führt, dass es zu weiteren Abhängigkeiten kommt – Abhängigkeiten zwischen den Anforderungen, Abhängigkeiten bei der Arbeit und Abhängigkeiten zwischen den Teams. Die agile Skalierung erhört somit die Komplexität.
10. Mythos: Agilität ist vor allem eine Frage der Produktivität
Anpassungsfähigkeit und Schnelligkeit sind die wichtigsten Vorteile der Agilität. Die höhere Geschwindigkeit, Flexibilität und ein besseres Engagement der Team-Mitglieder steigern die Qualität des Produkts und seinen Wert bei den Kunden. Jedoch liegt der wahre Wert der Agilität in der Schaffung der Stabilität und Qualität und nicht in der Behebung von Problemen innerhalb der Produktivität. Agilität hilft hierbei zusätzlich, Talente vom Unternehmen zu überzeugen und die Resilienz zu verbessern.
11. Mythos: Agilität ist in der gesamten Organisation gleich
Die Einführung von Agilität in einem Unternehmen liefert noch lange kein Allheilmittel, welches dem Unternehmen Erfolg sichert. Die agile Methodik eignet sich nicht für alle Bereiche des Unternehmens, d.h. nicht jeder Bereich kann und wird gleichermaßen von der Agilität profitieren. Im schlimmsten Fall können Unternehmen bzw. Organisationen sogar einen Schaden durch den Einsatz von Agilität erleben. Um welche Bereiche es sich dabei handelt, kann mit Hilfe der Ermittlung der jeweiligen Wertströme überprüft werden. Diese Überprüfung ist ein wertvoller und sinnvoller Schritt im Rahmen einer jeden agilen Transformation.
12. Mythos: Die Skalierung von Agilität ist nur das Hinzufügen von agileren Teams und Start von Piloten
Um die Agilität im Unternehmen skalieren zu können, reicht es nicht, ein paar zusätzliche agile Teams einzuführen und einfach ein paar zusätzliche Pilot-Projekte zu starten. Unternehmen müssen noch vor dem Start einer jeden agilen Transformation ihre Kernprozesse reflektieren und neu gestalten. Es sollen neue Fähigkeiten und Führungsstile hinzukommen. Diese Transformation hin zur skalierten Agilität kann nur dann gelingen, wenn alle drei Bereiche “Methoden”, “Strategie” und “Kultur” mit transformiert werden. Erst dann kann ein stabiles Rückgrat aufgebaut werden.
13. Mythos: Eine “Big Bang”-Transformation ist riskant
So ganz pauschal kann diese Behauptung nicht betrachtet werden – es hängt in erster Linie von der Situation im Unternehmen ab, ob man die Transformation schrittweise oder per “Big Bang” durchführt. Bei beiden Ansätzen bestehen sowohl Risiken als auch gewisse Vorzüge. Wenn beispielsweise eine regulierte oder komplexe Umgebung vorliegt, dann ist hier eher ein iterativer Änderungsmodus erforderlich, da eine zu schnelle und tiefgreifende Veränderung ein zu großes Risiko darstellen kann. Es gibt aber auch Situationen, wo die Gefahr besteht, dass die Schnittstellen zwischen agilen und nicht agilen Operationen die Organisation überfordern können. Dann können die weitreichenden Eingriffe vom höheren Management die gesamte Organisation hin zur Agilität umformen.
14. Mythos: Agile Transformation kann in wenigen Monaten durchgeführt werden
Agile Transformation ist kein schnelles Unterfangen – sie dauert in der Regel ein bis drei Jahre. Besonderer Fokus liegt dabei bei der Entwicklung des agilen Mindsets der Mitarbeiter und das Ausräumen von Vorurteilen und Bedenken, besonders innerhalb des Managements. Die ersten Ergebnisse und somit auch Vorteile sieht man in den Unternehmensbereichen, die bereits agile Fundamente und Piloten eingesetzt haben. Die Skalierung auf das gesamte Unternehmen zu übertragen, dauert aber mehrere Jahre. Die geeigneten agilen Praktiken müssen erst im Laufe der Zeit entwickelt und optimiert werden. Eine Organisation wird nicht einfach so agil und bleibt es dann auch – es ist ein nie endender Reifeprozess auf der Arbeits-, aber auch auf der Management-Ebene.