Künstliche Intelligenz (KI) gilt als Schlüsseltechnologie für die Zukunft der Gesundheitsversorgung, denn sie unterstützt Diagnostik, Prognosen und Patientenmanagement. Und sie hat das Potenzial, die Effizienz von Arbeitsprozessen zu erhöhen. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an KI-Modellen, aber im Vergleich dazu sind bisher nur wenige KI-Anwendungen in Krankenhäusern im Einsatz. Das ist mitunter dem fehlenden Vertrauen in diese „neue“ Technologie geschuldet. Bias in den Daten, intransparente Algorithmen, offene Datenschutz-Fragen und unklare Verantwortlichkeiten sind Gründe dafür, wieso der Großteil noch nicht auf KI-Einsatz vertraut. Und das mit Recht, denn eine fehlerhafte Empfehlung einer KI oder ein Datenleck könnte ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen und das Vertrauen von Klinikpersonal und Patienten dauerhaft beeinträchtigen. Hier kommt das Thema Governance ins Spiel. Denn durch die richtige Governance wird KI im Krankenhaus nachhaltig und sicher.
Warum KI-Governance?
Künstliche Intelligenz kann für Krankenhäuser enorme Chancen eröffnen, gleichzeitig aber auch erhebliche Gefahren mit sich bringen, wenn sie ohne klare Regeln eingesetzt wird. Selbst Systeme, die in Studien beeindruckende Ergebnisse zeigen, können sich im klinischen Alltag anders auswirken. Daten verändern sich, Modelle verlieren an Genauigkeit, und wenn sie niemand systematisch überprüft, können Fehler unbemerkt bleiben und sich in die Routine einschleichen. Die Folge können falsche Diagnosen oder Behandlungsempfehlungen sein, die zu einem Risiko werden.
Noch gravierender sind die Risiken, die aus verzerrten Daten entstehen. Wenn eine KI auf einer nicht repräsentativen Basis trainiert wird, spiegelt sie bestehende Ungleichheiten wider und verstärkt diese sogar. Für ein Krankenhaus bedeutet das, dass bestimmte Patientengruppen schlechtere Chancen auf eine richtige Diagnose oder eine passende Behandlung haben. Solche systematischen Verzerrungen sind nicht nur ein ethisches Problem, sie bedrohen auch unmittelbar die Qualität und Fairness der Versorgung.
Ein weiteres Feld, in dem fehlende Governance gefährlich wird, ist der Umgang mit Patientendaten. Denn gesundheitliche Informationen gehören zu den sensibelsten Daten überhaupt, und wenn unklar bleibt, wie sie erhoben, verarbeitet und weitergegeben werden, geht das Vertrauen der Patienten schnell verloren. Schon einzelne Vorfälle reichen aus, um das Arzt-Patienten-Verhältnis dauerhaft zu beschädigen.
Und schließlich stellt sich die Frage der Nachvollziehbarkeit, denn wie KI-Systeme zu ihren Ergebnissen kommen, ist manchmal selbst für Fachleute schwer zu durchschauen. Wenn Ärzte nicht erklären können, wie eine Empfehlung zustande kommt, wird das Arzt-Patienten-Verhältnis wiederum geschwächt. Zugleich bleibt unklar, ob im Schadensfall die Klinik, die IT-Abteilung, der Hersteller oder die Behandelnden selbst dafür haften. Diese Unklarheit ist gefährlich, weil sie Sicherheit und Verlässlichkeit der gesamten Organisation untergräbt.
Fehlt eine solide Governance, drohen Krankenhäusern also nicht nur Fehler und Datenschutzprobleme, sondern auch Vertrauensverluste und Reputationsschäden. Governance ist daher nicht optional, sondern Voraussetzung.
Was gehört zur KI-Governance im Krankenhaus?
Wenn Krankenhäuser Künstliche Intelligenz einführen, reicht es nicht aus, ein neues System technisch zu installieren und auf das Personal zu übertragen. Damit KI nicht zum Risiko wird, sind klare Regeln nötig, die auf mehreren Ebenen greifen. Governance beschreibt dieses Zusammenspiel aus Verantwortung, Kontrolle und Transparenz und macht den Unterschied zwischen einem Pilotprojekt und einem nachhaltig funktionierenden Einsatz. Eine erfolgreiche KI-Governance umfasst verschiedene zentrale Elemente:
Fairness
Ein erster Kernbereich ist die Frage der Fairness. Dabei müssen Kliniken sicherstellen, dass die Daten, mit denen Algorithmen arbeiten, die Vielfalt ihrer Patienten widerspiegelt. Wird ein System beispielsweise mit Daten entwickelt, die bestimmte Gruppen unterrepräsentieren, dann spiegelt es diese Verzerrungen in seinen Empfehlungen wider. Governance verlangt deshalb, dass Krankenhäuser bereits bei der Einführung klären, wie Daten geprüft, ergänzt und überwacht werden. Hier kann helfen, Gremien einzurichten, in denen nicht nur IT und Medizin vertreten sind, sondern auch Ethik, Recht und im Idealfall Patientenvertretungen. Auf diese Weise wird Fairness aktiv überprüft und abgesichert.
Transparenz für Fachpersonal und Patienten
Ärzte können KI nur dann sinnvoll in ihre Entscheidungen einbeziehen, wenn sie verstehen, wie Ergebnisse zustande kommen. Governance bedeutet daher, dass Hersteller verpflichtet werden, Erklärbarkeit bereitzustellen, und dass Krankenhäuser diese Informationen so in ihre Prozesse einbetten, dass sie für das Personal nutzbar sind. Transparenz richtet sich aber nicht nur nach innen, denn auch Patienten haben das Recht zu erfahren, wann und wie eine KI in ihrer Behandlung eingesetzt wird. Governance bedeutet in diesem Zusammenhang eine Kommunikationsaufgabe: Kliniken müssen verständlich erklären, was KI leistet, wo ihre Grenzen liegen und dass die Verantwortung am Ende bei Menschen bleibt.
Vertrauenswürdigkeit durch klinische Integration
Vertrauenswürdigkeit entsteht, wenn KI-Anwendungen nicht isoliert laufen, sondern Teil von klinischen Qualitäts- und Sicherheitsstandards sind. Governance sorgt dafür, dass es Audits, Reviews und Fortbildungen gibt, die regelmäßig prüfen, ob Systeme so arbeiten wie vorgesehen. Das bedeutet, dass KI-Anwendungen nicht nur zu Beginn freigegeben, sondern über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg überwacht werden. Für Kliniken ist es entscheidend, diese Aufsicht in bestehende Qualitätsmanagementsysteme zu integrieren.
Rechenschaftspflicht
In Krankenhäusern darf nie unklar bleiben, wer für den Einsatz einer KI verantwortlich ist. Auch wenn Algorithmen Empfehlungen geben, liegt die letzte Entscheidung bei den behandelnden Ärzten. Governance sorgt dafür, dass diese Rollen klar dokumentiert sind und dass zugleich Hersteller, IT-Abteilungen und Klinikleitungen ihre jeweilige Verantwortung für die technische Sicherheit, die rechtliche Konformität oder die klinische Anwendung tragen. So ist im Schadensfall die Verantwortungsfrage und Zuständigkeit geklärt.
Kontinuierliches Monitoring
Schließlich gehört zu einer soliden Governance auch die kontinuierliche Überwachung über den gesamten Lebenszyklus einer Anwendung hinweg. KI verändert ihre Leistung mit den Daten, die ihr zur Verfügung stehen. Daher muss es feste Prozesse geben, um Systeme regelmäßig zu überprüfen und Abweichungen frühzeitig zu erkennen. So können im Zweifel Anpassungen gemacht oder ein Modell außer Betrieb genommen werden. Externe Audits und Benchmarks können diese Aufsicht ergänzen und zusätzliche Sicherheit schaffen.
Ohne Governance bleibt KI ein Risiko
Governance ist ein fortlaufender Prozess und verbindet die Perspektiven von Medizin, IT, Pflege, Ethik, Recht und Patienten. Sie schafft Strukturen, die Innovation ermöglichen, ohne Sicherheit und Vertrauen aufs Spiel zu setzen. Letztendlich schafft sie klare Regeln, Verantwortung und Transparenz und verhindert, dass Fehler oder Vertrauensverluste den erfolgreichen Einsatz von KI im Krankenhaus gefährden. Für Krankenhäuser bedeutet das: keine KI ohne Governance.