Die Digitalisierung und die Digitale Transformation treiben den Wandel unserer Zeit voran. Sie helfen, Ressourcen zu schonen, zum Beispiel durch Videokonferenzen statt Dienstreisen. Auch das Einsparen von Verpackungsmaterial durch Streaming-Angebote trägt dazu bei. Gleichzeitig verursacht der Einsatz von Hard- und Software steigende Energieverbräuche und Emissionen. Der technologische Fortschritt erfordert den Ausbau der Digitalisierungsinfrastruktur, etwa des Mobilfunk- und Breitbandnetzes. Die Herstellung der Hardware hat ebenfalls negative Auswirkungen auf die Umwelt. Gesetzliche Vorschriften wie der UN Global Compact verpflichten Unternehmen zu nachhaltigem Handeln.
Energieverbrauch nimmt kontinuierlich zu
Der Klimarat schätzt den weltweiten Strombedarf von digitalen Geräten auf zwölf Prozent, was einem jährlichen Stromverbrauch in Höhe von rund 21 Billionen Kilowattstunden entspricht. Laut Zahlen des Borderstep Instituts lag der Energiebedarf von Rechenzentren im Jahr 2022 mit 17,9 Mrd. kWh fast eine Milliarde kWh höher als noch 2021. Ein Großteil der wachsenden Rechenzentrumskapazitäten sind nach Analysen von Cisco aus dem Jahr 2018 auf Unternehmensanwendungen zurückzuführen. Nur rund ein Viertel des Workloads der Rechenzentren wird durch die private Nutzung (z. B. für Videoanwendungen) verursacht.
Energieeffizienzgesetz – Ein Überblick
Seit Anfang des Jahres gilt in Deutschland das Energieeffizienzgesetz (EnEfG), welches Unternehmen, öffentliche Stellen und auch Betreiber von Rechenzentren in die Pflicht nimmt, um die nationalen Energieeffizienzziele und die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zu gewährleisten. Dazu zählt, den (Primär-)Endenergieverbrauch Deutschlands bis zum Jahr 2030 um in Teilen rund 40 Prozent zu senken (Referenzjahr 2008).
Unternehmen
- Sie müssen ihren Gesamtendenergieverbrauch ermitteln und entsprechende Maßnahmen zur Energieeinsparung ergreifen.
- Mit einem Jahresenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh sind sie verpflichtet, konkrete Pläne für wirtschaftlich umsetzbare Endenergieeinsparmaßnahmen zu erstellen und zu veröffentlichen.
- Ab einem Jahresenergieverbrauch von mehr als 7,5 GWh haben sie ein Energie- und Umweltmanagementsysteme einzurichten.
- Sie müssen umfassende Daten zur Energieerzeugung, -verwendung und -effizienz veröffentlichen.
Öffentliche Stellen
- Sie sind generell verpflichtet, ab einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von 1 GWh jährliche Einsparungen beim Endenergieverbrauch in Höhe von 2 Prozent bis zum Jahr 2045 zu erreichen.
- Ab einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre von 3 GWh oder mehr sind sie verpflichtet, ein Energie- oder Umweltmanagementsystem bis zum Ablauf des 30. Juni 2026 einzurichten.
- Mit einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre zwischen 1 und 3 GWh sind sie verpflichtet, ein vereinfachtes Energiemanagementsystem bis zum Ablauf des 30. Juni 2026 einzuführen.
Rechenzentrumsbetreiber
- Sie müssen verbrauchsabhängig Energie- und Umweltmanagementsysteme einrichten.
- Ab einer Nennanschlussleistung ab 1 MW (öffentliche Rechenzentren ab 300 kW) müssen sie die Energie- und Umweltmanagementsysteme ab 2026 zertifizieren lassen.
- Sie haben umfassende Daten zur Energieerzeugung, -verwendung und -effizienz sind ebenfalls zu veröffentlichen.
Nachhaltigkeit ist messbar
Die europäische Norm für Rechenzentren, die DIN EN 50600, bietet einige Anhaltspunkte, an denen sich Rechenzentrumsbetreiber und deren Kunden orientieren können, um die Nachhaltigkeit des Rechenzentrums zu beziffern.
Power Usage Effectiveness
Der bekannteste Kennwert, um die Energieeffizienz von Rechenzentren zu beschreiben, ist der Power Usage Effectiveness (PUE) Der PUE setzt die im gesamten Rechenzentrum verbrauchte Energie (u. a. Energieversorgung inkl. USV-Systemen, Schaltgeräten und Generatoren, Kühlsystem, Beleuchtung, Sicherheitssysteme und Fahrstühle) ins Verhältnis zur Energieaufnahme der IT-Infrastruktur (u. a. Speicher- und Verarbeitungseinrichtung, Rechner und Monitore). Es handelt sich dabei um einen Momentanwert, der den energetischen Wirkungsgrad der technischen Infrastruktur beschreibt. Da Strom die überwiegend eingesetzte Energie beim Betrieb eines Rechenzentrums darstellt, bildet der PUE laut Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) eine geeignete Kennzahl, um die Effizienz von Rechenzentren abzubilden.
Mithilfe des PUE können Verbesserungspotenziale des Betriebswirkungsgrads eines Rechenzentrums identifiziert werden. Außerdem dient die Leistungskennzahl der Optimierung der Prozesse eines Rechenzentrums im Zeitverlauf sowie als Entwurfsziel für neue Rechenzentren über den erwarteten Lastbereich der IT. Die Vorgabe von konkreten Richtwerten, wie es das EnEfG oder der Blaue Engel vorsehen, wird von den meisten Experten jedoch als kritisch angesehen. Eine Betrachtung sollte daher im Gesamtkontext erfolgen.
Weitere Kennzahlen, die in der DIN EN 50600 definiert sind, sind der Renewable Energy Factor (REF), der Energy Reuse Factor (ERF), die Cooling Efficiency Ratio (CER), der Carbon Usage Effectiveness (CUE) und der Water Usage Effectiveness (WUE).
Renewable Energy Factor
Der REF setzt die verbrauchte erneuerbare Energie ins Verhältnis zum Gesamtenergieverbrauch des Rechenzentrums. Der Wert des REF liegt zwischen 0 und 1, wobei der maximale Wert 1,0 bedeutet, dass die gesamte Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. Erneuerbare Energie, die den Gesamtenergieverbrauch des Rechenzentrums übersteigt, darf nicht in den REF einbezogen werden. Erneuerbare Energien sollten lokal bezogen und idealerweise vom Rechenzentrumsbetreiber selbst erzeugt werden.
Energy Reuse Factor
Der ERF beschreibt die Wiederverwendung von Energie außerhalb des Rechenzentrums, wie die Nutzung der erzeugten Wärme. Der ERF liegt zwischen 0 und 1. Ein Wert von 0 bedeutet, dass keine Energie wiederverwendet wird, während ein Wert von 1,0 aussagt, dass sämtliche Energie wiederverwendet wird. Die Wiederverwendung von Energie, insbesondere die Abwärmenutzung, ist ökologisch sinnvoll und wird von der Branche unterstützt, aber oft fehlt die notwendige Infrastruktur.
Cooling Efficiency Ratio
Der CER definiert den Wirkungsgrad der Kühlung eines Rechenzentrums. Er wird aus der abgeführten Wärmemenge und dem Energiebedarf der Kühlsysteme innerhalb eines Jahres abgeleitet. Der CER ist stets positiv. Ein größerer CER bedeutet eine effizientere Kühlung und weniger elektrische Energie, die benötigt wird, um die entstandene Wärme abzukühlen. Experten empfehlen eine Wasserkreislaufkühlung, da sie nahezu kein Wasser verbraucht und die aufgenommene Wärme einfach weiter genutzt werden kann.
Carbon Usage Effectiveness
Die CUE berechnet die CO2-Emissionen eines Rechenzentrums und dient der Vermeidung dieser Emissionen. Die CUE kann theoretisch jeden Wert ≥ 0 annehmen. Ein Wert von 0 bedeutet, dass während des Betriebs des Rechenzentrums kein Kohlenstoff verursacht wird. Die Messung der CO2-Vermeidung ist oft schwierig, aber die CUE ist in der DIN EN 50600-4-8 definiert. Sie gibt explizit die Umweltbelastung während des Betriebs des Rechenzentrums an und sollte daher nicht vernachlässigt werden.
Water Usage Effectiveness
Der WUE bestimmt die Wasserverwendung eines Rechenzentrums. Dieser Kennwert setzt die jährliche Wasserverwendung ins Verhältnis zum jährlichen Energieverbrauch der IT-Ausstattung. Der WUE kann theoretisch jeden Wert ≥ 0 annehmen, wobei ein Wert von 0 bedeutet, dass kein Wasser verbraucht wird. Ein Wert von 0 sollte angestrebt werden, da dies einer Wasserkreislaufkühlung entspricht.
Stolperfallen – Vorsicht bei Eco-Labeln und Alternativlösungen
Neben den genannten Chancen bringen die neuen Vorgaben allerdings auch eine Reihe an Risiken und Herausforderungen mit sich, die es zu bewältigen gilt:
Greenwashing
Unternehmen nutzen nachhaltige Aktivitäten oft, um ihr Image zu verbessern und den Umsatz zu steigern oder politische Regulierungen zu vermeiden. Diese Aktivitäten sind selten intrinsisch motiviert, sondern folgen ökonomischen Bestrebungen. Durch Maßnahmen im Bereich Kommunikation und Marketing wird versucht, ein „grünes“ Image zu schaffen, ohne tatsächlich nachhaltigkeitsorientierte Aktivitäten umzusetzen. Für Verbraucher ist es oft schwer zu erkennen, ob die Produkte und Dienstleistungen wirklich ökologisch nachhaltiger sind. Eine Vielzahl von Gütesiegeln verstärkt diesen Effekt. Der Begriff „klimaneutral“ wird immer bedeutender. Unternehmen werben damit, ihre Produkte oder Dienstleistungen seien klimaneutral, was oft bedeutet, dass Emissionen lediglich ausgeglichen, nicht aber verhindert werden. Stakeholder sollten daher Daten, Zahlen und Maßnahmen hinterfragen, um Greenwashing entgegenzuwirken.
Rebound-Effekt
Effizienzsteigerungen führen in der Regel zu sinkenden Kosten für Produkte oder Dienstleistungen. Dies kann jedoch zu verändertem Verhalten bei Kunden und Nutzern führen, die an anderer Stelle mehr verbrauchen. Der direkte Rebound führt zu einer unmittelbaren Veränderung bei der Nutzung, während der indirekte Rebound Ressourcen und Kaufkraft spart, die an anderer Stelle eingesetzt werden.
Carbon-Leakage
Carbon-Leakage beschreibt die Verlagerung von treibhausgasemittierenden Industrien in Länder mit weniger strengen Emissionsvorschriften. Dies führt zur Verlagerung von CO2-Quellen und Arbeitsplätzen. Die Europäische Kommission hat ein CO₂-Grenzausgleichssystem verabschiedet, das eine Kohlenstoffabgabe für Importe aus solchen Ländern vorsieht, um sicherzustellen, dass diese Güter nicht günstiger sind als EU-Produkte.
Fazit
Die Digitalisierung bietet immense Chancen zur Förderung der Nachhaltigkeit, erfordert jedoch verantwortungsbewusstes Handeln und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Unternehmen, öffentliche Stellen und Rechenzentrumsbetreiber müssen Maßnahmen ergreifen, um ihre Energieeffizienz zu steigern und ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Durch gezielte Anstrengungen und die Nutzung von Kennzahlen zur Messung der Nachhaltigkeit kann ein wichtiger Beitrag zum Erreichen der Klimaziele geleistet werden. Gleichzeitig ist es essenziell, potenzielle Stolperfallen wie Greenwashing und Rebound-Effekte zu erkennen und zu vermeiden, um langfristig positive Auswirkungen auf die Umwelt zu erzielen.