Hybrides IT-Projektmanagement

Unternehmen, die aktuell wettbewerbsfähig bleiben und somit kürzere „Time to Market“ für ihre IT-Lösungen haben wollen, müssen ganz schnell auf die einzelnen Kundenwünsche und -rückmeldungen reagieren können. Bei Bedarf müssen daraus folgende Anpassungen vorgenommen werden. Die Nutzung einer ausschließlich klassischen oder ausschließlich agilen Projektmanagementmethode ist aber hierfür nicht immer der beste Weg – ein Mix in Form eines hybriden Projektmanagementansatzes kann die bessere Lösung sein.

Definition des hybriden IT-Projektmanagements

Unter hybridem Projektmanagement wird eine Kombination unterschiedlicher Projektmanagement-Methoden, oder die Verwendung einzelner Elemente aus den Projektmanagement-Ansätzen, verstanden. Dabei kann es sich um die Kombination aus agilen & klassischen, klassischen & klassischen oder auch agilen & agilen Methoden handeln. Darüber hinaus gibt es auch noch andere Kombinationen wie z.B. klassisch mit agil & agil (beim Projektrahmen handelt es sich um PRINCE2, die Realisierung der Anforderungen eine Kombination aus Scrum und Kanban). Die klassischen Methoden beinhalten konkrete und detaillierte Phasen, Meilensteine, Rollen, Aufgaben, Ergebnisse usw. Die agilen Methoden haben ihren Schwerpunkt bei der Projektkultur und basieren auf selbstorganisierten Teams mit vollständigen Integration der Kundensicht im Projekt. Bei IT-Projekten stehen sich die klassischen und die agilen Ansätze oft streng gegenüber und es wird meistens „entweder oder“ gewählt. Dabei bieten beide Ansätze Vorteile, die – projektabhängig und richtig eingesetzt – große Vorteile und bessere Ergebnisse bringen können.

Klassische Projektmanagementmethoden eignen sich besonders für die Umsetzung komplizierter Anforderungen. Die agile Methode ist hingegen eher für komplexe Anforderungen geeignet. Eine Übersicht mit ausgewählten Beispielen für agile und klassische Projektmanagement-Methoden und für welche IT-Projekte sich diese eignen, sind in unseren vorherigen Blog-Beiträgen zu finden:

Ziele und Unterschiede bei agilen und klassischen Methoden

Hybrides Projektmanagement verfolgt in erster Linie zwar das Ziel das Beste aus verschiedenen Methoden zu nutzen, das Motiv jedoch kann sein den spezifischen Anforderungen des IT-Projektes zu genügen und gleichzeitig sinnvolle Elemente aus anderen Ansätzen zu nutzen. Und auch wenn ein Unternehmen sich entscheidet Scrum zu nutzen, so kann ein hybrider Ansatz dabei helfen die erprobten und nützlichen Aspekte des aktuellen (klassischen) Ansatzes mit einzelnen Bestandteilen aus der agilen Welt zu kombinieren. Die Unterschiede beider Ansätze können wir folgt auf dem magischen Dreiecks abgebildet werden:

magisches Dreieck agiles klassisches IT-Projektmanagement

Bei klassischer Vorgehensweise wird die Basis für die Umsetzung anhand vom Konzept und darauffolgende Spezifikation geliefert. Die Abnahme und Nutzung folgen dann im Anschluss an die Umsetzung. Beim agilen Ansatz wird produktversioniert gearbeitet, d.h. es wird so früh wie möglich die erste Version des Produktes angestrebt, die dann dem Kunden zur Verfügung gestellt wird um zeitnah den Kunden-Feedback einholen zu können. Dieser Feedback bildet dann die Basis für die darauffolgende Anforderungen.

Die beiden Ansätze unterscheiden sich nur im Hinblick auf die Ziele, Termine und Kosten, sondern auch bei solchen Aspekten wie die Sichtbarkeit des Produktes, Risiko während der Entwicklung und dem Nutzen des Produktes:

Vergleich Sichtbarkeit, Risiko und Nutzen klassisches und agiles IT-Projektmanagement

Die Sichtbarkeit für die Kunden ist durch die iterative Vorgehensweise beim agilen Ansatz deutlich besser  als beim klassischen Ansatz. Grund dafür ist Flexibilität bei der Aufnahme der Anforderungen und ständige Auslieferung von neuen Versionen. Ähnlich sieht es auch beim Thema Risiko aus – der regelmäßige Austausch mit den Kunden führt dazu, dass die agilen Teams besser und schneller die Risiken entdecken und dagegen steuern können. Beim Thema Nutzen sieht es ähnlich aus – die „starren“ Phasen der Anforderungsaufnahme und der Auslieferung machen den klassischen Ansatz unflexibel und daher folgt hier der Nutzen stufenweise mit dem jeweiligen fertigen Release.

Nutzen agiles und klassisches Projektmanagement im Vergleich

Um herauszufinden welche Methode sich für ein Projekt eignet, gibt es Kriterien, an denen sich die Unternehmen orientieren könnten. Die Bewertung kann anhand von folgenden Faktoren erfolgen:

Kriterien Klassisch Agil
Projekttyp Linientätigkeit, Investition / Organisation Innovative Projekte, Entwicklung
Projektumfeld „Starre“ Hierarchie Aufgeschlossen & flexibel
Ziele SMART, konstant Unscharf mit häufigen Änderungen
Auftraggeber Bleibt konstant Kann wechseln
Team Benötigt Führung, gross, verteilt Selbstorganisiert, klein, lokal konzentriert
Externe Dienstleister Viele Dienstleister, hohe Abhängigkeit Wenige Dienstleister, geringe Abhängigkeit
Stakeholder Viele involvierte Stakeholder Wenige unbeteiligte Stakeholder
Dokumentation Rechtliche Anforderungen Keine bestimmten Zwänge

Für die Entscheidung welcher Ansatz der richtige ist, müssen erst die internen Prozesse geklärt werden. Im Anschluss müssen die Optimierungspunkte gefunden werden, die dann nach den oben beschriebenen Kriterien bewertet werden können. Erst dann kann eine Entscheidung getroffen werden, ob auch eine hybride Methode sinnvoll zum Einsatz kommen soll. Dabei muss es klar sein an welchen Stellen im Prozess agile oder klassische Methoden überhaupt angewendet werden können. Nachfolgende Übersicht bietet eine Zusammenfassung von wesentlichen Vor- und Nachteilen unterschiedlicher Methoden:

Klassisch Agil Hybrid
Stärken Probleme Stärken Probleme Stärken Probleme
  • Verbindlichkeit
  • Konkrete und detaillierte Planung
  • Arbeitspaketplanung
  • Umfangreiche Dokumentation
  • Stabilität
  • Zuverlässigkeit
  • Sicherheit
  • Klarheit
  • Aufwändige Planung
  • Aufwendig Dokumentation
  • Nicht alle Faktoren sind am Anfang bekannt – Stichpunkt Risiken
  • Änderung der Anforderungen während des Projektes
  • Unflexibel
  • Flexible Planung
  • Kurze Reaktionszeiten bei neuen Anforderungen
  • Schnelle Entwicklung
  • Sichtbare Fortschritte – kurze Intervalle
  • Zielanpassungen möglich
  • Schnellere „Time-to-Market“
  • Wenig Bürokratie
  • Transparenz in der Kommunikation
  • Hohe Kundenzufriedenheit
  • Zu komplexe Projekte (z.B. Multiprojekte) sind schwer umzusetzen
  • Zu minimalistische Dokumentation
  • Hoher Abstimmungsbedarf
  • Geringe Vorhersehbarkeit für konkretes Ergebnis
  • Gefahr der Budgetüberschreitung
  • Nicht alle Organisationen können agil sein
  • Gemeinsames Verständnis – fehlendes agiles Mindset
  • Verteilung von Verantwortung kann zum Risiko werden
  • Profitiert von klassischen sowie agilen Vorgehensweisen
  • Individuelle und maßgeschneiderte Lösungen für Projekte>
  • Unzählige Kombinationsmöglichkeiten
  • Flexibel in allen Projekttypen (unabhängig von Größe, Komplexität und Branche)
  • Erfordert Wissen und Kompetenzen von Projektverantwortlichen
  • Detaillierte und umfassende Analyse bei der Auswahl der hybriden Kombination
  • Bereitschaft im Unternehmen für den Change

Hybride Methoden im IT-Projektmanagement

Die Kombinationsmöglichkeiten für hybride Projektmanagement-Methoden sind so zahlreich, wie es die klassische und agile Methoden gibt, daher werden in diesem Beitrag nur einige mögliche hybrid kombinierte Methoden als Beispiele gezeigt.

Scrumbun (agil + agil)

Es ist eine Kombination aus zwei agilen Methoden – Scrum und Kanban. Diese ermöglicht den Einsatz eines Kanban-Boards mit dem Ablaufmodell kombiniert mit der Rollenverteilung aus Scrum. Dadurch entsteht der Vorteil, dass die Aufgaben transparenter und Prozessfluss optimierter wird.

Es ist eine Kombination aus zwei agilen Methoden – Scrum und Kanban. Diese ermöglicht den Einsatz eines Kanban-Boards mit dem Ablaufmodell kombiniert mit der Rollenverteilung aus Scrum. Dadurch entsteht der Vorteil, dass die Aufgaben transparenter und Prozessfluss optimierter wird.

Scrumban

Wasserfall + Scrum (klassisch + agil)

Bei der Kombination von Wasserfall-Modell und agilem Scrum wird das Gesamtprojekt als Wasserfall durchgeführt. Eine Projekt-Phase jedoch könnte als Scrum mit Sprints durchgeführt werden. Bei IT-Projekten eignet sich hierfür die Implementierungsphase. Alle anderen Projekt-Phasen werden klassisch nach Wasserfall-Modell durchgeführt – vom Kundenwunsch bis hin zum Projektabschluss. Diese Kombination kann auch als „Wasser-Scrum-Fall-Modell bezeichnet werden, da die agile Phase (Scrum) in der Mitte des Wasserfalls sich befindet.

Wasserfall-Scrum-Modell

V-Scrum-Modell und Scrum + V-Modell (klassisch + agil)

Die beiden Vorgehensmodelle das V-Modell und Scrum kann man auf unterschiedliche Weisen kombinieren. Die erste Möglichkeit ist die Integration von Scrum in ein V-Modell. Hierfür eignet sich innerhalb des V-Modells bei IT-Projekten ebenfalls die Implementierungsphase (Codierung). Zuerst kommen die Phasen wie Anforderungsanalyse, Entwurf und Design ganz klassisch, dann folgt die agile Implementierungsphase und dann wieder die unterschiedlichen Test-Phasen ganz klassisch.

Die Kombination aus Scrum & V-Modell kann auch anders umgesetzt werden, nämlich nacheinander – zuerst Scrum, dann V-Modell. Beispielsweise kann ein Projekt mit einem Teilprojekt nach Scrum starten und die Anforderungen an das Projekt spezifizieren. Im Anschluss folgt dann der Teilprojekt im V-Modell und realisiert die Umsetzung. Bei diesem Ansatz handelt es sich um einen kundennahen Projektanfang mit einem sicheren Projektabschluss.

V-Scrum-Modell

Weitere hybride Modelle

  • PRINCE2 Agile
  • PRINCE2 + Wasserfall
  • PRINCE2 + Scrum
  • Backlog in PRINCE2
  • Lean Sigma

Fazit

Die Zukunft vieler Unternehmen hängt oft davon ab wie flexibel sie auf neue Bedienungen und Situationen sich reagieren können. In diesem Zusammenhang spielt die richtige Projektmanagement-Methode eine entscheidende Rolle. Mit Hilfe von einem professionellen Projektmanagement kann es den Unternehmen gelingen die Veränderungen strukturiert umzusetzen und somit das Unternehmen anpassungsfähig und zukunftssicher zu machen. Hybride Ansätze bietet dabei eine Alternative zu den klassischen und agilen Projektmanagement-Methoden an. Diese sind können überall dort eingesetzt werden, wo ein Projekt in unterschiedlich gut planbaren Teil-Projekte sich zerlegen lässt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sie nicht gibt – die „eine richtige Methode“, die für alle Projekte gilt. Die passende Methode muss jeweils für die gegebene Projekt-Situation ausgewählt werden.

 

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Palina Vorobeva

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