Digitale Systeme, die eigenständig lernen und Entscheidungen treffen, prägen unseren beruflichen Alltag immer stärker. Sie beeinflussen, wie wir planen, produzieren und zusammenarbeiten, häufig unbemerkt und doch mit wachsender Wirkung. Eine neue Entwicklungsstufe dieser Technologie ist sogenannte Agentic AI. Dahinter stecken KI-Systeme, die nicht nur reagieren, sondern eigenständig denken und handeln, fast wie ein digitaler Assistent mit Entscheidungsfreiheit. Diese Systeme planen Aufgaben selbst, passen sich neuen Situationen an und lernen aus Erfahrungen.
Doch während ihre Fähigkeiten wachsen, wächst auch ein anderes Thema: der Energieverbrauch. Denn je intelligenter ein System wird, desto mehr Rechenleistung braucht es. Was auf dem Bildschirm leicht aussieht, verbraucht im Hintergrund mehr Strom, als man zunächst vermuten würde. Gerade deshalb lohnt es sich, frühzeitig darüber nachzudenken, wie solche Systeme aufgebaut sein sollten, damit sie nicht nur effektiv arbeiten, sondern auch verantwortungsvoll mit Energie und Ressourcen umgehen.
Was macht Agentic AI so besonders?
Die meisten heute eingesetzten KI-Anwendungen arbeiten nach einem klaren Muster: Sie bekommen eine Aufgabe, führen sie aus und warten auf die nächste Anweisung. Agentic AI funktioniert anders. Diese Systeme bekommen ein Ziel, zum Beispiel „optimiere den Energieverbrauch in einem Bürogebäude“ und finden selbstständig Wege, dieses Ziel zu erreichen. Sie bewerten Optionen, treffen Entscheidungen, überwachen ihre Ergebnisse und passen sich an, wenn sich die Umgebung ändert.
Das bringt große Vorteile. Agentic Systeme können komplexe Prozesse ohne menschliches Eingreifen steuern, schneller reagieren und effizienter arbeiten. Sie können sogar in Situationen Entscheidungen treffen, die vorher nicht eingeplant waren.
Aber genau diese Freiheit und Rechenintelligenz bringen auch eine Herausforderung mit sich: Der Energiebedarf solcher Systeme ist deutlich höher als bei klassischen Programmen.
Wo entsteht der Energieverbrauch von Agentic AI?
Bei der Entwicklung und dem Einsatz von KI gibt es zwei große Energiequellen: das Training und den Betrieb.
Beim Training wird das System mit enormen Datenmengen gefüttert, um daraus zu lernen. Das passiert meist in Rechenzentren und verbraucht schon in diesem frühen Stadium sehr viel Energie.
Beim Betrieb, also wenn die Agentic AI aktiv ist, entsteht erneut Energieverbrauch. Anders als klassische Programme läuft die Agentic AI dauerhaft. Sie analysiert Daten in Echtzeit, bewertet Situationen ständig neu und trifft fortlaufend Entscheidungen. Je komplexer die Umgebung ist, desto häufiger arbeitet das System und desto höher ist der Energiebedarf im Alltag.
Wie kann man Agentic AI nachhaltiger machen?
Die gute Nachricht ist, es gibt bereits viele Ansätze, um solche Systeme effizienter zu gestalten. Einige davon lassen sich schon heute anwenden, andere stecken noch in der Entwicklung.
Die richtige Technik wählen
Nicht jede Aufgabe braucht ein riesiges KI-Modell. Oft reichen kleinere, speziell trainierte Systeme aus. Diese „leichtgewichtigen“ Modelle können mit weniger Energie ähnliche Ergebnisse liefern wie große Systeme. Wichtig ist, das passende Werkzeug für die jeweilige Aufgabe zu wählen.
Prozesse verteilen
Agentic Systeme können Aufgaben aufteilen. Einfache Entscheidungen lassen sich lokal auf einem Gerät treffen, komplexe Berechnungen können in die Cloud ausgelagert werden. Das spart Energie, weil nur die wirklich rechenintensiven Aufgaben zentral verarbeitet werden.
Energie sparen durch Pausen
Auch eine digitale Intelligenz muss nicht rund um die Uhr auf Hochtouren laufen. Es macht Sinn, das System so zu gestalten, dass es erkennt, wann es aktiv sein muss und wann nicht. Das nennt man „algorithmische Sparsamkeit“. Die KI wird dadurch nicht schlechter, sondern klüger. Sie arbeitet, wenn es nötig ist und ruht, wenn keine Entscheidung ansteht.
Die Hardware optimieren
Neben der Software spielt auch die Hardware eine Rolle. Neue Prozessoren sind darauf ausgelegt, KI-Anwendungen besonders energieeffizient auszuführen. Einige Forschungsteams arbeiten sogar an Chips, die sich an der Funktionsweise des menschlichen Gehirns orientieren, also eine Art digitales Nervensystem, das mit sehr wenig Energie auskommt.
Können KI-Systeme sich selbst optimieren?
Tatsächlich wird gerade an KI-Agenten gearbeitet, die ihren eigenen Energieverbrauch überwachen und bei Bedarf anpassen. Sie könnten etwa entscheiden, gewisse Aufgaben später zu erledigen, wenn weniger Energie verbraucht wird, oder sich mit anderen Systemen abstimmen, um unnötige Doppelarbeit zu vermeiden.
Ein solches System wäre nicht nur intelligent, sondern auch verantwortungsvoll. Es denkt mit, nicht nur im Hinblick auf das Ziel, sondern auch in Bezug auf die Umwelt.
Brauchen wir Regeln für den Einsatz von Agentic AI?
Ja! Denn wenn Systeme selbstständig handeln, brauchen sie auch Rahmenbedingungen. Unternehmen sollten bei der Einführung von Agentic AI nicht nur auf Leistung und Effizienz achten, sondern auch auf deren Energiebilanz. Denkbar wären zukunftsorientierte Standards, also eine Art Energieetikett für KI-Anwendungen. So könnten Kunden, Partner und Anwender erkennen, wie umweltfreundlich ein System tatsächlich ist.
Auch gesetzliche Vorgaben könnten helfen, zum Beispiel durch Mindestanforderungen an die Energieeffizienz oder Förderungen für besonders nachhaltige Entwicklungen. Damit würde Energieeffizienz zu einem festen Bestandteil der digitalen Transformation.
Fazit
Agentic AI steht für einen neuen Schritt in der Digitalisierung. Diese Systeme haben das Potenzial, unsere Arbeitswelt, unsere Städte und sogar unseren Alltag grundlegend zu verändern. Sie können Prozesse verbessern, Ressourcen sparen und komplexe Aufgaben übernehmen.
Doch mit dieser neuen Freiheit wächst auch die Verantwortung. Damit Agentic AI nicht zum heimlichen Stromfresser wird, müssen wir schon heute die Weichen für eine nachhaltige Nutzung stellen. Die Technik dafür ist da, jetzt kommt es auf den bewussten Einsatz an.