Nicht-medizinische Prozesse als Startpunkt für KI im Krankenhaus

Künstliche Intelligenz wird im Krankenhaus häufig mit Diagnostik und Therapie verbunden und mit Bildanalyse, Entscheidungsunterstützung oder personalisierter Medizin verknüpft. Doch ein mindestens ebenso relevantes Feld liegt in administrativen und organisatorischen Prozessen. Hier entstehen täglich immense Aufwände für Dokumentation, Planung, Abrechnung und Logistik. Wer die Realität in deutschen Krankenhäusern kennt, weiß: Ärzte und Pflegekräfte verbringen mehrere Stunden am Tag mit administrativen Tätigkeiten und füllen beispielsweise Formulare aus statt Zeit am Patienten zu haben. Gleichzeitig stehen Krankenhäuser unter steigendem Kostendruck bei gleichzeitig knappen Ressourcen. Genau hier kann KI einen entscheidenden Unterschied machen

Warum gerade betriebliche Prozesse ein ideales Feld für KI sind

Betriebliche Prozesse sind geprägt von Routinen, sich wiederholenden Entscheidungen und der Verarbeitung großer Datenmengen. Dienstpläne müssen erstellt, Material bestellt, Abrechnungen geprüft und Dokumentationen verfasst werden. All das sind Aufgaben, die sich hervorragend für intelligente Automatisierung eignen, denn KI kann hier Daten analysieren, Muster erkennen und Abläufe so steuern, dass Personal entlastet und Fehler reduziert werden. Das ist ein Bereich, in dem Krankenhäuser vergleichsweise schnell starten können. Denn während KI in der Diagnostik oder Therapie strengeren regulatorischen Anforderungen wie der Medizinprodukteverordnung (MDR) unterliegen, gilt das für Verwaltungsanwendungen in der Regel nicht. Systeme für Abrechnung, Personalplanung oder Logistik sind normalerweise keine Medizinprodukte. Das macht sie einfacher, schneller und mit weniger Risiko einsetzbar. Für Krankenhäuser bietet sich hier die Chance, mit KI für Entlastung und Effizienzsteigerung im Alltag zu sorgen.

Anwendungsfelder mit hohem Nutzen

Die Potenziale und Einsatzfelder von KI für nicht-medizinische Prozesse im Krankenhaus sind ebenso vielfältig wie die betrieblichen Prozesse im Krankenhaus.

In der Personalplanung können KI-Systeme Schichtpläne automatisch erstellen und dabei Verfügbarkeiten, Qualifikationen und gesetzliche Vorgaben berücksichtigen. Damit werden nicht nur Führungskräfte entlastet, sondern auch Konflikte im Team reduziert, weil die Planung transparenter und fairer abläuft. Im Einkauf analysieren Algorithmen Verbrauchsdaten, prognostizieren Bedarfe und schlagen automatisch Alternativen vor. So lassen sich Lieferketten stabilisieren, Kosten senken und Engpässe vermeiden. In der Finanzbuchhaltung wiederum reduzieren KI-Systeme Fehler, beschleunigen Prozesse und liefern Entscheidungsgrundlagen für die Geschäftsführung.

Auch im Medizincontrolling unterstützen KI-Lösungen die automatisierte Codierung und Abrechnung. Sie erkennen Fehler frühzeitig, reduzieren Erlösausfälle und beschleunigen den gesamten Prozess. Das entlastet Fachkräfte, die sich bislang mühsam durch komplexe Kodierregeln arbeiten mussten. Projekte wie die „Eingabefreie Station“ des Fraunhofer IML zeigen zudem, wie Pflegetätigkeiten mithilfe von Sensorik und KI automatisch erfasst und dokumentiert werden können. Das ist ein Ansatz, der Pflegepersonal massiv entlastet und die Qualität der Dokumentation verbessert.

Auch die Logistik ist ein Paradebeispiel für den Einsatz von KI. In vielen Kliniken verbringen Pflegekräfte immer noch Zeit damit, Materialbestände zu kontrollieren oder Transporte zu organisieren. Intelligente Systeme wie KI-gestützte Materialschränke oder Transportroboter nehmen diese Aufgaben ab. Dabei überwachen sie Bestände, lösen automatisch Bestellungen aus oder übernehmen interne Fahrten zwischen Stationen und Funktionsbereichen. Fraunhofer IML zeigt eindrücklich, wie groß hier das Potenzial ist.

Auch im Bereich der Dokumentation eröffnen sich spürbare Chancen. Sprach- und Texterkennung können Arzt-Patienten-Gespräche mitschneiden, strukturieren und direkt in die elektronische Patientenakte übertragen. Generative KI liefert Formulierungsvorschläge für Entlassungsberichte oder Pflegeprotokolle. Das spart Zeit, erhöht die Konsistenz und sorgt dafür, dass Dokumentationen vollständiger werden. Ergänzend können Chatbots in der Patientenaufnahme oder im Service einfache Anfragen übernehmen, Termine koordinieren und Informationen bereitstellen.

Bestehende Hürden

Natürlich bringt auch die Einführung von KI für nicht-medizinische Prozesse im Krankenhaus Herausforderungen mit sich, auch wenn sie nicht als Medizinprodukte gelten. Datenschutz und IT-Sicherheit muss gewährleistet sein und Systeme müssen so konzipiert sein, dass sensible Daten geschützt bleiben und nur autorisierte Zugriffe möglich sind. Ebenso entscheidend ist die Akzeptanz des Personals. Empfehlenswert ist hier, auf transparente Kommunikation, frühe Einbindung und gezielte Schulungen zu setzen. Schließlich ist auch die technische Integration eine Hürde, da viele Kliniken mit heterogenen IT-Landschaften arbeiten, in denen Schnittstellen und Interoperabilität fehlen. Ob eine KI-Lösung funktioniert, entscheidet sich daher oft weniger an ihrer Leistungsfähigkeit als an ihrer Anschlussfähigkeit an bestehende Systeme.

Und natürlich macht die Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten in nicht-medizinischen Prozessen es nicht gerade leicht, sich für einige wenige KI-Anwendungen zu entscheiden. Klar ist, dass nicht gleich in allen betrieblichen Prozessen KI eingesetzt werden kann. Die Einführung von KI muss Sinn machen und ist individuell. Hier ist wichtig, nicht nur nach Interesse an einer bestimmten Anwendung zu agieren, sondern im Vorfeld sinnvolle Use Cases zu identifizieren, die wirklichen Mehrwert haben. Eine übergeordnete KI-Strategie eines Krankenhauses hilft dabei, Orientierung zu geben und Prioritäten zu setzen.

Mehr Zeit für das Wesentliche durch KI

Grundsätzlich sind diese Herausforderungen machbar und die Chancen überwiegen. KI in administrativen und organisatorischen Abläufen entlastet Fachkräfte von Routinen, senkt Kosten, beschleunigt Abläufe und schafft neue Freiräume für die Versorgung. Vor allem aber ist sie schneller und unkomplizierter einzuführen als klinische KI-Systeme, weil sie nicht den regulatorischen Hürden eines Medizinprodukts unterliegt. Gerade dieser Unterschied macht sie zu einem idealen Einstiegsfeld, denn sie ermöglicht schnell sichtbare Erfolge, ist vergleichsweise risikoarm und schafft Vertrauen in die Technologie.

Wer jetzt in „Verwaltungs-KI“ investiert, gewinnt doppelt. Denn einerseits reduziert sich die tägliche Belastung durch Bürokratie und ineffiziente Prozesse. Andererseits schaffen Krankenhäuser eine Basis, auf der sie später auch komplexere KI-Anwendungen im medizinischen Bereich erfolgreich einführen können.

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Dr. Larissa Hütter

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