Das FinOps Reifegradmodell: die Stufen im Überblick

Wie gut kennen sich Teams mit einzelnen FinOps Fähigkeiten aus? Wie ambitioniert sind die KPIs, die sie erreichen möchten? Welche Ausgaben rund um Cloud und Technologie können klar zugeordnet werden und wie stark weichen Forecast und Realität voneinander ab? Anhand dieser Fragen lässt sich definieren, wie hoch der Reifegrad einer Organisation in Hinblick auf verschiedene FinOps Praktiken und Fähigkeiten ausfällt. Was es genau mit den verschiedenen Reifegraden Kriechen, Gehen und Rennen auf sich hat, was sie ausmacht und warum der höchste Reifegrad einer Fähigkeit nicht immer das Ziel sein muss, erklärt dieser Artikel.

Warum braucht es verschiedene Reifegrade in der FinOps Praxis?

Der FinOps Prozess ist in seiner Definition iterativ – es gibt mehrere Phasen, die Teams in jeder FinOps Praxis durchlaufen. Das bedeutet gleichzeitig, dass Fähigkeiten, Prozesse und Arbeitsweisen sich weiterentwickeln, je öfter sie wiederholt werden. Mit jedem neuen FinOps Projekt wächst also die Erfahrung im Umgang mit dem Cloud-Kostenmanagement. Das Reifegradmodell hilft Unternehmen dabei, die Dynamik von FinOps zu verstehen und in die Praxis zu integrieren.

Die verschiedenen Reifegrade Kriechen, Gehen und Rennen schaffen einen Rahmen, in dem Organisationen mit kleinen FinOps Projekten anfangen können, um erste Einsichten zu gewinnen und kleinere Optimierungen durchzuführen. Mit wachsender Erfahrung und einem höheren Reifegrad können Teams die Anforderungen an FinOps Praktiken und ihren Outcome erhöhen. Diesen Weg können Teams für jede einzelne FinOps Fähigkeit gehen – während die Fähigkeit zur Datenerfassung möglicherweise schon bis zur höchsten Stufe entwickelt ist, kann die Verwaltung von Anomalien noch ganz am Anfang stehen und sich gerade in einem Pilotprojekt befinden.

Wichtig ist dabei: Nicht jede Fähigkeit muss zwangsläufig den höchsten Reifegrad erreichen. Statt jede Fähigkeit maximal optimieren zu wollen, ist es immer das Ziel, in die Fähigkeiten zu investieren, die den größten Nutzen für das gesamte Unternehmen bringen. Denn schlussendlich geht es bei FinOps darum, den Geschäftswert zu steigern und das Beste aus Cloud und Technologie rauszuholen.

Kriechen, Gehen, Rennen: die 3 FinOps Reifegrade

In FinOps wird zwischen drei Reifegraden unterschieden: Kriechen, Gehen und Rennen. Kriechen ist dabei die erste Stufe, in der grundlegende Prozesse etabliert werden und Rennen die höchste, in der auch komplexe Sonderfälle angegangen werden können. Wir haben zusammengefasst, was die einzelnen Stufen ausmacht und welche Merkmale es gibt.

FinOps Reifegradmodell

Quelle: FinOps Framework der FinOps Foundation, adaptiert an das Rewion Corporate Design

Kriechen – erste Grundlagen schaffen

Organisationen und Teams im Stadium Kriechen haben erste grundlegende FinOps Prozesse etabliert. Reporting und der Einsatz von Tools sind noch im Anfangsstadium, es gibt erste KPIs, aber viele Teams setzen die betreffende Fähigkeit noch nicht konsistent um. Es geht in dieser ersten Stufe vor allem darum, die Low Hanging Fruit zu entdecken und zu adressieren und die Erkenntnisse zu nutzen, um das Potenzial der Fähigkeit für das Unternehmen besser zu verstehen.

Typische Merkmale dieses Reifegrads:

  • Viele manuelle Schritte, wenig Automatisierung in Prozessen
  • KPIs auf Basis-Niveau mit beispielsweise mindestens 50 % Kostenzuordnung
  • 60 % der Cloud-Nutzung kann rabattiert abgedeckt werden, etwa durch reservierte Instanzen
  • Forecast vs. Ist-Abweichung liegt bei rund 20 %
Gehen – etablierte Prozesse & breiteres Verständnis

Im zweiten Reifegrad sind FinOps Praktiken stärker im Unternehmen verankert. Mehrere Teams verstehen die Fähigkeit und wenden sie im Alltag an. Prozesse sind grundsätzlich etabliert und Automatisierungen greifen bereits. Es gibt jedoch komplexe Sonderfälle, die das Team zwar identifiziert, aber bewusst aus der Praxis ausklammert, weil ihr Aufwand den Nutzen übersteigen würde.

Typische Merkmale dieses Reifegrads:

  • Konsistenter Einsatz von Tools, Prozessen und Automatisierungen
  • KPIs im mittleren bis hohen Bereich, etwa mindestens 80 % Kostenzuordnung
  • Organisation ist sich Sonderfällen bewusst und bewertet Aufwand und Nutzen
  • 70 % der Cloud-Nutzung kann etwa durch reservierte Instanzen rabattiert abgedeckt werden
  • Forecast vs. Ist-Abweichung sinkt auf rund 15 %
Rennen – Optimierung auf hohem Niveau

Im höchsten Reifegrad ist die FinOps Fähigkeit tief in der Organisation verankert und alle Teams wenden sie im Arbeitsalltag an. Außerdem sind Prozesse weitgehend automatisiert und werden bevorzugt angewandt. Das Unternehmen geht auch komplexe Sonderfälle aktiv an.

Typische Merkmale dieses Reifegrads:

  • Automatisierung ist die bevorzugte Herangehensweise
  • KPIs sind ambitioniert, beispielsweise sollen 90 % der Cloud-Kosten zugeordnet werden können
  • Etwa 80 % der Cloud-Nutzung kann rabattiert, etwa durch reservierte Instanzen, abgedeckt werden
  • Forecast vs. Ist-Abweichung sinkt auf etwa 12 %

Fazit: Analysieren, lernen und gezielt verbessern im FinOps Reifegradmodell

Das FinOps Reifegradmodell bietet Unternehmen eine wertvolle Orientierung, um den eigenen Fortschritt realistisch einzuschätzen. Noch wichtiger als ein möglichst hoher Reifegrad einer Fähigkeit ist dabei jedoch die Frage, welcher Weg den größten Mehrwert für das Unternehmen bringt. Nicht jede Fähigkeit muss bis zur Perfektion weiterentwickelt werden. Stattdessen ist es sinnvoll, gezielt in die Fähigkeiten zu investieren, bei denen noch Verbesserungspotenzial besteht und durch die konkrete Ergebnisse mit geschäftlichem Nutzen erzielt werden können. Indem sie sich am Reifegradmodell orientieren, können Unternehmen FinOps nachhaltig in ihren Alltag integrieren und den größtmöglichen Nutzen aus allen Praktiken und Fähigkeiten ziehen.

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Sebastian Tappe

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