Krankenhäuser stehen zunehmend unter Druck, sich zu verändern – ausgelöst durch politische Anforderungen wie das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG), dem steigenden Erwartungsdruck seitens der Patienten und nicht zuletzt durch den technologischen Fortschritt. Die Digitalisierung im Krankenhaus betrifft nicht nur die Technologie, sondern auch tief verankerte Arbeitsweisen, klinische Prozesse und die Kultur innerhalb der Einrichtungen. Das bedeutet nicht nur den Wechsel von analogen zu digitalen Werkzeugen, sondern eine Transformation von etablierten Prozessen. Und diese gelingt nur, wenn Veränderung professionell begleitet wird. Veränderung heißt im Krankenhauskontext oft auch: neue Formen der Zusammenarbeit, neue Kompetenzanforderungen, neue Rollenbilder. Die Verantwortung liegt dabei nicht allein beim Klinikmanagement – gerade IT-Leiter sind zentrale Akteure, wenn es darum geht, Wandel zu gestalten, Mitarbeiter einzubinden und Systeme nachhaltig zu etablieren.
KHZG als Motor für digitale Transformation
Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) stellt der Bund insgesamt 4,3 Milliarden Euro zur Verfügung, um die Digitalisierung in deutschen Krankenhäusern voranzutreiben. Gefördert werden beispielsweise Projekte aus den Bereichen Patientenportale, Pflege- und Behandlungsdokumentation, digitales Medikationsmanagement, IT-Sicherheit und Entscheidungsunterstützungssysteme. Ziel ist es, die Versorgungsqualität zu verbessern, Abläufe effizienter zu gestalten und die Transparenz für Patienten und Patientinnen zu erhöhen.
Die Umsetzung der KHZG-Projekte war ursprünglich bis Ende 2024 vorgesehen. Zwar haben Bund und Länder die Fristen für einige Fördertatbestände verlängert, doch der Handlungsdruck bleibt hoch. Ab dem 1. Januar 2027 greifen Sanktionen, wenn Krankenhäuser bestimmte digitale Nachweise nicht erbringen. Parallel dazu gelten weiterhin die individuellen Vorgaben der Bundesländer gemäß Förderbescheid.
Für viele Kliniken bedeutet das: Digitalisierungsprojekte müssen unter hohem Zeitdruck in laufende Abläufe integriert werden. Das KHZG kann damit wie ein Brennglas auf organisatorische Schwächen wirken. Etwa wenn Projektmanager fehlen, Projektmanagementstandards nicht etabliert sind oder Ressourcen unkoordiniert verwendet werden. Kliniken ohne professionelle Steuerung laufen Gefahr, Projekte unkoordiniert umzusetzen oder die Übersicht über Ziel und Zeitplan zu verlieren. Folglich resultieren dann erhöhte Kosten, unklare Verantwortlichkeiten und sinkende Akzeptanz bei Mitarbeitenden.
Projekt- und Change-Management: Chancen nutzen, Hürden meistern
Die praktische Umsetzung der KHZG-Projekte zeigt, dass manche Krankenhäuser nicht nur mit der Anzahl paralleler Vorhaben, sondern auch mit deren organisatorischer Einbindung in das Tagesgeschäft überfordert sind. Fehlt ein abgestimmter Projektfahrplan, kommt es zu Priorisierungskonflikten, Ressourcenkonkurrenz und unzureichender Kommunikation zwischen den Beteiligten. KHZG-Förderprojekte sind nicht als technische Einzelmaßnahmen zu begreifen, sondern müssen in eine übergeordnete Digitalisierungsstrategie eingebettet sein, die im Einklang mit der Unternehmensstrategie steht.
Für ein effektives Projekt- und Change-Management bedeutet das, sowohl die operative Steuerung der Vorhaben als auch die strategische Einbettung im Blick zu behalten. Eine enge Verzahnung von Digitalisierungs- und IT-Strategie ist dabei unerlässlich. Nur wenn beide Konzepte gemeinsam entwickelt und kontinuierlich aktualisiert werden, gelingt die Integration der Projekte in ein funktionierendes Gesamtsystem. Die inhaltliche Abstimmung ist dabei ebenso entscheidend wie die organisatorische: Projektleitung, IT-Abteilung und Fachbereiche müssen eng zusammenarbeiten.
Eine der größten Herausforderungen liegt in der Personalressourcensituation. Insbesondere in kleinen Häusern fällt der Projektmanagementaufwand oft wenigen IT-Mitarbeitenden zu, die nebenbei auch den Regelbetrieb aufrechterhalten müssen. In solchen Fällen ist es sinnvoll, externe Projektmanager oder Berater hinzuzuziehen. Diese können nicht nur methodische Standards einführen, sondern auch helfen, die Umsetzung im vorgegebenen Zeitrahmen abzusichern. Dabei gilt: Externe Unterstützung ersetzt nicht das interne Verständnis für Veränderungsprozesse – sie ergänzt es.
Change Management wiederum ist der entscheidende Hebel, um Akzeptanz für neue Prozesse und Technologien zu schaffen. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf technischen Schulungen, sondern auf der frühzeitigen Einbindung der Mitarbeitenden, auf transparenter Kommunikation über Nutzen und Auswirkungen sowie auf begleitenden Maßnahmen, die den Kulturwandel unterstützen. Veränderungskonzepte müssen dabei sowohl didaktisch als auch psychologisch durchdacht sein. Nur wenn alle Beteiligten verstehen, was sich ändert, warum es sich ändert und wie sie dabei unterstützt werden, kann aus technischen Projekten echter Wandel entstehen.
Die IT als Treiber der Digitalisierung im Krankenhaus
Die Rolle der IT in Krankenhäusern wandelt sich rasant – nicht zuletzt befeuert durch das KHZG. Die klassische Vorstellung der IT als rein technische Serviceeinheit ist überholt. Heute geht es um proaktive Prozessgestaltung, strategische Beratung und Innovationsentwicklung. Der IT-Bereich wird zum integralen Bestandteil der Unternehmensentwicklung.
In der Praxis bedeutet das: IT-Abteilungen müssen gemeinsam mit medizinischen und pflegerischen Bereichen digitale Lösungen konzipieren und umsetzen. Das erfordert nicht nur technisches Wissen, sondern auch ein tiefes Verständnis für klinische Prozesse. Eine enge Kooperation mit den Fachabteilungen ist unerlässlich, um praxistaugliche Lösungen zu schaffen, die tatsächlich genutzt werden.
Dabei empfiehlt sich das Modell der bimodalen IT: Der stabile Betrieb der bestehenden Systeme wird ergänzt durch agile Innovationsprojekte, die flexibel auf neue Anforderungen reagieren können. Diese Trennung ermöglicht es, gleichzeitig Sicherheit und Veränderung zu gewährleisten. Ein Balanceakt, der gerade in der hochregulierten Krankenhausumgebung entscheidend ist.
Die Rolle der IT-Leiter entwickelt sich in diesem Kontext weiter. Gefragt sind heute Persönlichkeiten, die nicht nur Technik managen, sondern auch Transformation gestalten können. Der Wandel vom EDV-Leiter zum Chief Digital Officer (CDO) oder Chief Innovation Officer (CIO) ist mehr als nur ein neuer Titel – er signalisiert eine neue Verantwortung: für strategische Planung, organisationsweite Kommunikation und den nachhaltigen Betrieb von Innovationen.
IT-Leiter sind heute Ansprechpartner für Geschäftsführung, Schnittstelle zu Softwareanbietern, Trainer für Endnutzer und Prozessverantwortliche zugleich. Ihre Arbeit hat direkten Einfluss auf die Qualität der Patientenversorgung, auf die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und auf die Zukunftsfähigkeit des gesamten Hauses. Wer diese Rolle aktiv annimmt, kann sein Krankenhaus nicht nur durch das KHZG führen, sondern weit darüber hinaus zum digitalen Vorreiter entwickeln.
Strategisch führen, digital verändern
Change Management ist der Motor, der Digitalisierung im Krankenhaus wirklich ins Rollen bringt und IT-Leiter sind entscheidend daran beteiligt. Ihre Rolle geht weit über Technik hinaus: Sie agieren strategisch, operativ und kommunikativ, treiben die Transformation im Haus voran und fördern eine nachhaltige digitale Entwicklung.
Der digitale Reifegrad wird künftig maßgeblich mitentscheiden, ob ein Krankenhaus wettbewerbsfähig bleibt. Deshalb sollten IT-Verantwortliche KHZG Projekte nicht isoliert als Fördervorhaben betrachten, sondern als Türöffner für eine langfristige und umfassende Digitalisierung. Eine regelmäßig aktualisierte Digitalisierungsstrategie, eng verzahnt mit der Unternehmensvision, wird zum strategischen Werkzeug.
Veränderung gestalten, Zukunft sichern: Impulse für den digitalen Klinikalltag
IT darf nicht länger nur als technische Infrastruktur verstanden werden, sondern muss aktiv als Motor für Innovation und Weiterentwicklung eingesetzt werden. Wer bereichsübergreifende Zusammenarbeit fördert, auf kontinuierliches Nutzerfeedback setzt und Veränderung als dauerhafte Führungsaufgabe begreift, stärkt die Anpassungsfähigkeit seiner Organisation. Damit Krankenhäuser auch langfristig erfolgreich digital arbeiten können, braucht es ein professionelles Veränderungsmanagement, das über Einzelprojekte hinausdenkt und dauerhaft im Klinikalltag verankert ist.
Die digitale Reife eines Krankenhauses wird zunehmend zum Wettbewerbsfaktor, daher sollten IT-Verantwortliche deshalb jetzt die Weichen stellen. Dazu gehört, die KHZG-Projekte nicht isoliert zu betrachten, sondern als Einstieg in eine langfristige Digitalisierungsoffensive. Die Erarbeitung und regelmäßige Aktualisierung einer Digitalstrategie muss zur Daueraufgabe werden.
Zudem sollten IT-Abteilungen frühzeitig als Kooperationspartner für klinische Prozesse sichtbar werden. Interdisziplinäre Zusammenarbeit, transparente Kommunikation und das konsequente Einholen von Nutzerfeedback gehören zur neuen Normalität. Wer digitale Lösungen mit einem echten Mehrwert für Mitarbeitende und Patienten entwickelt, fördert nicht nur die Akzeptanz, sondern erhöht auch die Wirksamkeit der Maßnahmen.
Langfristig empfiehlt es sich, Change Management nicht projektbezogen, sondern als festen Bestandteil der Unternehmensentwicklung zu verstehen. Aufbau interner Kompetenzen, etwa durch Change Agents oder Fortbildungsprogramme für Führungskräfte, zahlen sich aus. Denn Digitalisierung ist kein Sprint, sondern ein Marathon und nur mit einem tragfähigen Veränderungsmanagement läuft das Krankenhausteam auch die zweite Runde erfolgreich mit. IT-Leiter nehmen dabei eine zentrale Rolle ein: strategisch, operativ und kommunikativ. Wer nicht nur Technik einführt, sondern Wandel gestaltet, macht sein Haus zukunftsfähig.
Es braucht eine klare Strategie, die Einbindung aller Beteiligten und ein Bewusstsein für die kulturellen Implikationen digitaler Transformation. Wer das beherzigt, macht nicht nur sein Haus effizienter, sondern verbessert auch die Versorgungsqualität für Patienten nachhaltig.